Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Schlesischer Feldzug im Sommer 1741. 439 
abzuschneiden. Hiezu setzte sich das Heer, auf ein paar Tage mit 
Lebensmitteln versehen, am 5. September über Münsterberg hin in 
Bewegung; jedoch mit geringem Erfolg. In tiefem Nebel, auf engen 
Wegen in den Bergen, von feindlichen Husaren umschwärmt, rückte 
es mit der größten Schwierigkeit vorwärts!); der König beklagt sich; 
— ich weiß nicht mit wie vielem Rechte —, über Versäumniß und 
Ungeschicklichkeit eines und des andern Generals. 
Indessen hatte sich auch Neipperg, des Königs Absicht durch- 
schauend, seinerseits erhoben. Er konnte einen etwas näheren Weg 
einschlagen, der zwar auch nicht bequem, aber ihm bekannt war, 
und wo er von keinem Feinde gestört wurde. Als König Friedrich 
am 11. September mit seiner Vorhut über die Neiße ging, und die 
Anhöhen einnehmen wollte, die er sich ausersehen, fand er sie von 
dem Feinde besetzt, der ihm ein paar Stunden zuvorgekommen war. 
Um denselben hier von vorn anzugreifen, hätte er schwierige Nie- 
derungen passiren müssen, und noch war der größte Theil seiner 
Truppen nicht angelangt; es blieb ihm nichts übrig, als sich eine 
Stellung zu suchen, durch welche er Neiße zu bedrohen fortfuhr, ohne 
doch Brieg zu gefährden; als eine solche bei Neuendorf gewonnen, 
versäumte Neipperg nicht, sich ebenfalls zu befestigen. 
So bewegten sich die beiden Heere, fast in gleicher Stärke, und 
beide gut geführt, auf dem Schachbrett des Kriegstheaters gegen- 
einander. Die vornehmste Genugthuung des Königs bestand darin, 
daß sich hier zuerst seine leichte Reiterei in Ansehen zu setzen be- 
gann. Es war ohne Zweifel vornehmlich auch das Verdienst des 
Offiziers, den er an die Spitze stellte, der, nachdem er die im Dienst 
nicht ungewöhnliche Ungunst eines Vorgesetzten überwunden, und zum 
Obersten befördert worden, bald einer der berühmtesten Männer der 
Armee wurde. Man sah Ziethen auf engen Dämmen zivischen Mo- 
rästen der österreichischen Artillerie mit einer Verwegenheit entgegen- 
sprengen, die den Feind verwirrte. Er vernichtete ein österreichisches 
Magazin, in der Mitte zwischen den Kanonen der Stadt und der 
Neippergischen Armee. Im Allgemeinen war der König ohne Zweifel 
im Uebergewicht, seine Kriegführung auch ohne Schlacht von gutem 
Erfolg begleitet gewesen. In Niederschlesien war er allenthalben 
Meister geblieben: hier am Fuß des Gebirges schloß er Neipperg 
1) Cabinetssecretär Eichel: „es war einer der penibelsten Märsche“. Seege- 
bart erzählt ausführlich, wie schlecht es ihm dabei ging.
	        
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