Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Ausbruch des österreichischen Erbfolgekrieges. 413 
rathung darüber forderte nur eine Stunde Zeit; Carl Löwenhaupt, 
dem die Ausführung anvertraut war, soll sich geschmeichelt haben, 
wenn er dabei glücklichen Erfolg habe, vielleicht noch einmal den 
schwedischen Thron zu besteigen. 
In Deutschland endlich hatte Frankreich ein größeres Interesse 
für sich als jemals früher. 
Vor allem: es machte die Sache der Fürsten, welche Ansprüche 
an die österreichische Hinterlassenschaft erheben konnten, zu seiner 
eigenen. Besonders trat es mit Baiern in eine enge Verbindung und 
Waffengemeinschaft. Wie viel davon abhing, erkennt man aus der 
Erklärung des Königs von Preußen, die er dem Marschall Belleisle 
gegeben hatte, daß er nur dann in ein Bündniß mit Frankreich treten 
werde, wenn diese Macht das Interesse von Baiern ganz in seine 
Hand nehme, so daß der Kurfürst sowohl seinen eigenen Ansprüchen 
auf die Erbschaft Carls VI Raum machen als auch die kaiserliche 
Würde erlangen könne. Friedrich betonte damals, daß er sonst Gefahr 
laufe, von den gegen Frankreich vereinigten Mächten erdrückt zu wer- 
den 1). Voll von der Nothwendigkeit, die von dem König aufsgestellten 
Forderung zu erfüllen, wenn man überhaupt gegen Oesterreich etwas 
ausrichten wolle, erschien Belleisle am 18. Mai in dem baierischen 
Hoflager zu Nymphenburg, wo auch bereits ein spanischer Gesandter 
anwesend war, um die Ansprüche der Bourbonen mit den baierischen 
auszugleichen. Belleisle beschäftigte sich auch damit sehr angelegentlich; 
die Hauptsache aber war allemal, ein Verständniß zwischen Baiern und 
Frankreich zu Stande zu bringen. Und dies ist nun der Inhalt des 
sogenannten Nymphenburger Tractats vom 22. Mai 17412). Dem 
1) Seine Lage erhellt aus den in den Analekten mitgetheilten Corre- 
spondenzen des Marschall Belleisle und des französischen Gesandten über die 
Aeußerungen Friedrichs. 
2) Daß ein solcher Vertrag existirt, ist von Flassan, dem officiellen Ge- 
schichtschreiber der französischen Diplomatie, behauptet worden. Unserem hoch- 
verdienten Landsmann, dem Historiker Schlosser, hat man dann zu Paris einen 
zu amtlichem Gebrauch angefertigten Auszug aus demselben mitgetheilt, den 
er abzuschreiben sich die Mühe genommen hat und der aus seinem Nachlaß 
von A. Schäfer (in der Zeitschrift für preuß. Geschichte II. S. 281) be- 
kannt gemacht worden ist. Wenn darin Unrichtigkeiten vorkommen, der Kur- 
fürst zum Beispiel einmal als König angesehen wird, so finden sich solche Ver- 
wechselungen der späteren Verhältnisse mit den früheren auch in andern aus 
dem pariser Archiv mitgetheilten Abschriften. Noch weniger können andere Aus- 
stellungen Berücksichtigung finden, welche sich auf Irrthümer und Falschheiten 
der in Umlauf gesetzten Abschriften dieses Vertrages beziehen, die dann auf der
	        
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