Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

450 Achtes Buch. Sechstes Copitel. 
Und während nun Beschwerden „über den Unfug dieser uner- 
hörten Thathandlung“, wie man sich in Wien ausdrückte, von der 
einen und Rechtfertigungen von der anern Seite gewechselt, von 
beiden Regierungen aber zugleich Rüstungen an den Grenzen vor- 
genommen wurden, die bei weitem nachdrücklicheren von der baierischen, 
erschienen die französischen Truppen — 15. August — über dem 
Rhein. 
Es ward dafür gesorgt, daß sie nur als Hülfsvölker auftraten. 
In einem feierlichen Patent ward die Oberanführung dem Kurfürsten 
überlassen, der über das Heer verfügen könne wie der König von 
Frankreich selbst. Bei der Ausfertigung hatte man Anfangs sagen 
wollen, die Truppen seien bestimmt, die Freiheit der Stimmen am 
Wahltage aufrecht zu erhalten, aber der Minister der auswärtigen 
Angelegenheiten bemerkte, daß alsdann der König in seinem eigenen 
Namen würde handeln müssen. Die Franzosen trugen die baierischen 
Farben, und hielten in der That damals sehr gute Mannszucht; sie 
versäumten nicht, sich von den Magistraten der Städte, durch die sie 
kamen, Bescheinigungen geben zu lassen; nirgend fanden sie Wider- 
stand. Der Kurerzkanzler des deutschen Reiches erklärte, diese An- 
gelegenheit betreffe nicht das Reich, sondern nur die Verhältnisse 
der Höfe von München und von Wien, in die er sich nicht mischen 
werde. Wenn ja Jemand Anstoß daran nahm, daß es Fremde seien, 
die der Kurfürst in das Reich ziehe, so erwiederte dieser, er rufe nur 
Franzosen, die mit dem Reiche in altem Bündniß stehen; der ver- 
storbene Kaiser habe Russen herbeikommen lassen, von denen man 
dies nicht sagen könne. 
In der Mitte September war das ganze westliche Deutschland, 
am niedern Rhein jenseit, am obern diesseit von französischen Truppen 
erfüllt. 
Der Kurfürst von Baiern hatte zwei Truppencorps aufgestellt. 
das eine zu Schärding, zu dem er sich selbst begab, das in Oester- 
reich, das andere, in der Oberpfalz, das in Böhmen einfallen sollte. 
Zu beiden stießen nun nach und nach die französischen Hülfs- 
völker. 
Am 12. September überschritt Carl Albert die österreichische 
Grenze. Unmittelbar darauf, vor Beyerbach, erschien eine Deputation 
der Landstände und lud ihn ein nach Linz zu kommen und die Hul- 
sauischen Ersandten am Reichstage. Bei Olenschlager, Geschichte des Inter- 
regni III,
	        
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