Siebentes Capitel.
Unterhandlungen bis zur Verabredung von Kleinschnellendorf.
Während der vollen Entwickelung dieser Dinge hegte man am
Wiener Hofe noch lange Zeit hindurch keine Ahnung von ihrer
Möglichkeit.
Bartenstein hatte einst, im Jahre 1735, die Worte des Friedens
mit so vieler Sorgfalt gewählt, daß ihm kein Entschlüpfen denkbar
schien; der ganze Zweck sei ja gewesen, den Höfen von Sachsen und
Baiern den Schutz von Frankreich zu entreißen, wie wolle Frankreich
jetzt darauf zurückkommen, einen solchen zu gewähren? Er zeigte sich
scharfsichtig, die Politik des Cardinal Fleury zu vertheidigen; seine
eigene Ehre schien ihm verletzt, wenn man an dessen Zuverlässigkeit
zweifelte.
Ebenso unermüdlich stellte er der Königin vor, daß die preußi-
schen Ansprüche in sich selber null und nichtig, aber auch aus den
stärksten anderen Gründen nicht zu gewähren seien. Von den böhmisch-
deutschen Landen dürfe man am wenigsten etwas aufgeben; in ihnen
liege die Lebenskraft der Monarchie, Schlesien sei das schönste Juwel
der Krone.
Und bei diesen Meinungen verharrte auch die Königin. Wenn
wir die Entwickelung ihrer persönlichen Stellung und Wirksamkeit
im Laufe der Begebenheiten begleiten, so traten in dem damaligen
Augenblick eben die unerwünschtesten Folgen ihres Entschlusses, die
höchste Gewalt nach eigenem Ermessen auszuüben, hervor. Um selbst
zu regieren ist guter Wille und ein gewisses Maß von Talent noch
lange nicht hinreichend, am wenigsten in stürmischen und bewegten
Zeiten; dazu gehört alsdann eine Schärfe und Uebung des Ver-