Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Siebentes Capitel. 
Unterhandlungen bis zur Verabredung von Kleinschnellendorf. 
Während der vollen Entwickelung dieser Dinge hegte man am 
Wiener Hofe noch lange Zeit hindurch keine Ahnung von ihrer 
Möglichkeit. 
Bartenstein hatte einst, im Jahre 1735, die Worte des Friedens 
mit so vieler Sorgfalt gewählt, daß ihm kein Entschlüpfen denkbar 
schien; der ganze Zweck sei ja gewesen, den Höfen von Sachsen und 
Baiern den Schutz von Frankreich zu entreißen, wie wolle Frankreich 
jetzt darauf zurückkommen, einen solchen zu gewähren? Er zeigte sich 
scharfsichtig, die Politik des Cardinal Fleury zu vertheidigen; seine 
eigene Ehre schien ihm verletzt, wenn man an dessen Zuverlässigkeit 
zweifelte. 
Ebenso unermüdlich stellte er der Königin vor, daß die preußi- 
schen Ansprüche in sich selber null und nichtig, aber auch aus den 
stärksten anderen Gründen nicht zu gewähren seien. Von den böhmisch- 
deutschen Landen dürfe man am wenigsten etwas aufgeben; in ihnen 
liege die Lebenskraft der Monarchie, Schlesien sei das schönste Juwel 
der Krone. 
Und bei diesen Meinungen verharrte auch die Königin. Wenn 
wir die Entwickelung ihrer persönlichen Stellung und Wirksamkeit 
im Laufe der Begebenheiten begleiten, so traten in dem damaligen 
Augenblick eben die unerwünschtesten Folgen ihres Entschlusses, die 
höchste Gewalt nach eigenem Ermessen auszuüben, hervor. Um selbst 
zu regieren ist guter Wille und ein gewisses Maß von Talent noch 
lange nicht hinreichend, am wenigsten in stürmischen und bewegten 
Zeiten; dazu gehört alsdann eine Schärfe und Uebung des Ver-
	        
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