Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

480 Neuntes Buch. Erstes Capitel. 
Persönlichkeiten wie Nicolaus Palffy und Alexander Karolyi, die sich 
unter einander verständigten und deren Verfahren für tausend Andere 
zur Richtschnur diente; doch wäre nichts erreicht worden, hätte man 
nicht zugleich die Formen und Bedingungen der Regierung festzustellen 
gesucht: der Hof leistete darauf Verzicht, Ungarn zu regieren wie die 
übrigen Erblande 1). 
Doch waren die Streitigkeiten noch keineswegs geschlichtet; jener 
Widerstreit zwischen der höchsten Staatsgewalt und den provinziellen 
Gerechtsamen, welcher die österreichische Monarchie überhaupt in Be- 
wegung setzte, war in Ungarn in vollem Gange, als Maria Theresia 
im Mai des Jahres 1741 ihren ersten Reichstag eröffnete. 
Man darf es nicht so ganz als ihren freien Willen ansehen, 
wenn sie noch vor ihrer Krönung zur Ernennung eines Palatins, die 
einige Zeit daher unterlassen worden war, die nöthigen Schritte that; 
besonders die zweite Tafel des Reichstages machte dies zur unum- 
gänglichen Bedingung 5). 
Eine andere, noch tiefer greifende Vorbedingung bildete die Ver- 
sicherung der Privilegien, welche die Stände nicht allein, wie sie her- 
gebracht war, festhielten, sondern durch neue Zusätze zu erweitern be- 
absichtigten. Die Königin sagte, sie habe das Reich als Fideicommiß 
inne, und wie sie die königliche Gewalt empfangen, so müsse sie die- 
selbe ihren Nachkommen überliefern. Die Stände erwiederten: auf 
Diese Weise würde eine einzige Gewaltthat über alle Zukunft ent- 
scheiden, und behaupteten die Unverjährbarkeit ihrer Rechte. Der un- 
mittelbaren Annahme eines großen Theiles ihrer Forderungen konnte 
die Königin nur dadurch entgehen, daß sie die Erledigung derselben 
auf die folgenden Berathungen des Reichstages verschob: aber man 
-kam zuweilen sehr hart an einander, z. B. noch am 24. Juni; von 
-Stunde zu Stunde ward der Gang der Debatten nach Hofe berichtet; 
die Königin empfing die letzte Deputation mit dem gemischten Aus- 
1) Bei den Conferenzen von Tyrnau im Jahre 1706 sieht man, wohin 
die Absichten gingen: Herstellung der andreäischen Clausel oder des Wider- 
standsrechtes, des Palatins und der hohen Aemter, Errichtung eines Senates, 
Entfernung aller ausländischen Truppen u. s. w. Engel. Geschichte des un- 
grischen Reiches V, 216 f.; im Frieden von Szathmar (April 1711), wozu 
man sich zunächst vereinbaren konnte. 
2) Kolinowicz: nova Vugariae periodus anno primo GFnaeccocratiae 
austriacae inchoata S. 61. Zwei Protestanten wurden genannt, ut legi 
satis fieret, wie Kolinowicz S. 181 sagt, so daß hier au keine Begünstigung 
des Bekenntnisses zu denken ist.
	        
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