Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Friedrich II. in Mähren. 495 
In dem ihm bewilligten Besitz durch keinen Frieden gesichert, wie 
man denn an einen solchen niemals ernstlich Hand angelegt hatte, 
glaubte Friedrich der Entwickelung dieser Dinge nicht ruhig zusehen, 
noch die Zeit erwarten zu dürfen, wo Oesterreich seine Feinde ver- 
trieben, Böhmen mit den Gebirgen, welche Niederschlesien beherrschten, 
wiedererobert haben und stark genug geworden sein würde, um dieses 
Land wieder zurückzufordern. Nicht auf einmal, sondern dem Laufe 
der Ereignisse gemäß entwickelten sich seine Maßregeln, mit denen er 
einem solchen Erfolg vorzubeugen suchte. Er hatte zur Rettung von 
Oesterreich durch seine Abkunft wesentlich beigetragen; von dem 
wiederkehrenden Glück desselben wollte er nicht seinerseits betroffen 
werden. . 
Man würde ihn aber noch nicht verstehen, wenn man glauben 
wollte, seine Besorgnisse seien allein gegen Oesterreich gerichtet gewesen; 
er fühlte sich der Franzosen eigentlich nicht viel sicherer. 
Die größte Bedenklichkeit erweckte es ihm, daß der französische 
Einfluß eben damals in Rußland durchdrang und nach einem kurzen 
Kriege — wir werden dieser Verhältnisse weiter gedenken — eine rasche 
Annäherung an Schweden bewirkte. König Friedrich hielt es für sehr 
miöglich, daß Frankreich, das so eben in Dänemark eifrig unterhandelte 
und mit Polen-Sachsen bereits verbündet war, eine Allianz mit allen 
nordischen Mächten zu Stande bringe, welche Preußen jeder selbstän- 
digen Einwirkung berauben und es sogar bedrohen würde. Leicht 
möchte es den Franzosen beikommen, den Schweden den Besitz von 
Bremen und Verden wiederzuverschaffen, um Hannover zu bekämpfen: 
allein damit würden die Ansprüche Schwedens auch an Pommern sich 
erneuern; es laufe ganz wider das preußische Interesse. Und wie 
dann, wenn Fleury den neuen König von Böhmen fallen lasse, wie 
einst den Stanislaus Leßezynski, und Maria Theresia dahin gebracht 
werde, sich dieser großen Verbindung anzuschließen? selbst die Wieder- 
herstellung des französisch-schwedischen Einflusses dürfte sie zugeben, 
wenn sie ihn nicht zu fürchten brauche. Dem König war es in hohem 
Grade auffallend, daß der Mann, mit dem er persönlich in dem besten 
Vernehmen stand, und der so eben die Eroberung von Prag entschieden 
hatte, Marschall Belleisle, von der französischen Armee abberufen und, 
um denselben zu ersetzen, unter den übrigen Generalen eben derjenige 
gewählt wurde, der mit ihm, dem König, wie man sich damals noch 
wohl erinnerte, von Straßburg her ein persönliches Mißverhältniß 
hatte, der Marschall Broglie. 
Ich fürchte, sagt er, Broglie soll es dem Cardinal nur leichter
	        
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