Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

48 Fünftes Buch. Zweites Capitel. 
die Friedensschlüsse anerkannten Gerechtsamen der Protestanten ent- 
gegenlief, erweckte sein evangelisches Mitgefühl. Die Verbindung des 
Kaisers mit Spanien schien eine allgemeine Gefahr einzuschließen. 
Lord Townshend stellte vor, daß eine entgegengesetzte Verbindung 
europäischer Mächte nothwendig sei. 
Doch würde er damit noch immer nicht durchgedrungen sein, hätte 
er nicht Unterstützung in einer Angelegenheit hoffen lassen, welche jetzt 
fast den vornehmsten Gegenstand der preußischen Politik ausmachte: 
in dem wieder auflebenden Streit über die jülichsche Erbschaft. Nur 
zusammen wirken diese Interessen: man muß uns erlauben, das eine 
nach dem andern vorzutragen. 
Als sich einst Kurfürst Friedrich Wilhelm entschloß, auf die eine 
Hälfte dieser Erbschaft Verzicht zu leisten, zufrieden mit dem wirk- 
lichen Besitze der andern, behielt er sich den Anfall jener beim Ab- 
gang des Hauses Neuburg vor. Eine Aussicht, damals in weiter 
Ferne, da der Pfalzgraf Philipp, mit dem der Kurfürst sein Ab- 
kommen traf, von acht blühenden Söhnen umgeben war. Nun geschah 
aber, daß von diesen Söhnen einige in den geistlichen Stand traten, 
andere, obwohl weltlich, doch unvermählt blieben, die aber, welche sich 
verheiratheten, entweder nur weibliche Nachkommenschaft hatten oder 
gar keine. Der letzte von ihnen, Carl Philipp, nunmehr Kurfürst 
von der Pfalz, einer von den Fürsten, die sich damals durch religiöse 
Verfolgungen einen widerwärtigen Namen machten, hatte nur zwei 
Töchter, und man sah dem Aussterben des Mannsstammes dieser 
Linie mit Sicherheit entgegen. Kurfürst Carl Philipp wünschte nichts 
mehr, als die Erbfolge in den jülichschen Landen seinem Eidam, 
Pfalzgrafen von Sulzbach, zuzuwenden, und dieser schien die Gunst 
des kaiserlichen Hofes zu besitzen. Einigen Einfluß mochte es haben, 
daß Königin Elisabeth von Spanien, die Tochter einer Prinzessin von 
Neuburg, ebenfalls für Sulzbach Partei nahm 1). Allein der König 
von Preußen war nicht gemeint, ein Recht, das er für unzweifelhaft 
erachtete, sich entreißen zu lassen. Was England anbetrifft, so hatte 
dies schon in einem Vertrag, der 1723 zu Charlottenburg geschlossen 
worden ist — in welchem die älteren Tractate erneuert, und die 
1) Eine Tochter Philipp Wilhelms, Dorothea Sophie, vermählte sich mit 
Odoardo Farnese von Parma; die älteste Tochter aus dieser Ehe war Elisa- 
beth Farnese, die Königin von Spanien. In dem geheimen Tractat Art. VIII 
werden ausdrücklich die Rechte der Serenissima casa de Sulzbach in Schutz 
genommen.
	        
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