Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

558 Neuntes Buch. Fünftes Capitel. 
Nun aber kam es auf eine Bestimmung dieser Lasten, dem ge- 
fundenen Ertrage gemäß, selber an. 
Die schlesische Verfassung unterschied sich dadurch, daß seit langer 
Zeit auch der Adel und die Geistlichkeit zu den Steuern herbeigezogen 
worden waren. 
In einem Theile des schlesischen Adels stieg die Hoffnung auf, 
sich bei der Veränderung der Regierung dieser Pflicht entziehen zu 
können; die Ritterschaft von Jauer, Glogau, Sagan, Liegnitz, Woh- 
lau wendele sich im April 1742 an den König, mit der Bitte, da 
ihnen das Glück zu Theil geworden, unter seinem glorreichen Scepter 
zu stehen und keiner seiner Vasallen es ihnen an Treue und Eifer 
zuvorthun werde, sie nun auch in Hinsicht der Contribution diesen 
gleich zu stellen und sie von der Steuer zu befreien, wie sie vor 
alters von derselben befreit gewesen. Dahin jedoch ging weder die 
Meinung des Königs noch seines schlesischen Ministers. Der letztere 
bemerkte, wenn der Adel von der Steuer befreit werde, so würde ent- 
weder ein großer Theil der Einkünfte verloren gehen oder man müsse 
die Last auf die Bauern legen, zum offenbaren Verderben derselben. 
Der König bekannte sich im Allgemeinen zu dem Grundsatz und sprach 
ihn in einem Edicte (nach einem Entwurfe Münchows) vom 28. April 
1743 aus, daß in einem Staate, in welchem alle eines gleichen 
Schutzes genießen, auch alle zu den Abgaben, welche darauf ver- 
wendet werden, ihren Beitrag zu geben schuldig seien, ein jeder nach 
Beschaffenheit seiner Einkünfte; er, der König, unterwerfe selbst seine 
Domänen der Contribution und habe sie catastriren lassen. 
Noch viel stärkere Widerrede als der Adel erhob die Geistlichkeit. 
Als die Commission von den Erzpriestern die zur Catastrirung ihrer 
Widmuthen und Einkünfte nöthigen Nachrichten forderte, wendeten sie 
ein, daß es gegen die Gerechtsame eines Clerus laufe, zu der Landes- 
contribution herbeigezogen zu werden. Von einem Staat aber unter 
solchen Bedingungen, wie sie einst eine allgewaltige Hierarchie auf- 
gestellt, hatte der König von Preußen keinen Begriff. Er erklärte, 
der Clerus sei allerdings von der Landaccise betroffen worden, habe 
Türkensteuer und manche andere Lasten getragen; unmöglich könne er 
von der Contribution befreit bleiben, welche die anderen Stände treffe: 
unmöglich er, der höchste Bischof und Landesherr, sich in diesen Dingen 
etwas vorschreiben lassen. 
Es ist eine der allgemeinsten und folgereichsten Bewegungen des 
achtzehnten Jahrhunderts, die Exemtionen der geistlichen Güter, na- 
mentlich in der katholischen Kirche, zu vernichten und sie den welt-
	        
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