Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

560 Neuntes Buch. Fünftes Copitel. 
vorigen Jahre der Königin sehr ansehnliche Geldsummen zugeschickt 
habe, auch für ihn möge es nun etwas thun. Man sieht, er be- 
trachtete den hohen Beitrag zugleich als eine Kriegssteuer, aber darum 
konnte er sie doch nicht auf immer festbalten; in Oberschlesien wäre 
es ganz unmöglich gewesen. Der König setzte — denn einen Unter- 
schied zwischen den beiden Landestheilen, wie man vorschlug, zu machen, 
hielt er auch nicht für rathsam — in dem einen wie dem andern 
die geistlichen Stifter auf 45, die Commendarien auf 40 Proz. an. 
Die ersten Anschläge muß man als Versuche betrachten, über 
deren Ausführbarkeit erst der Erfolg entscheiden mußte. Auch das 
Nahrungsgeld, das man den Handwerkern und kleinen Leuten auf 
dem Lande anmutbete, erwies sich viel zu hoch und mußte um die 
Hälfte herabgesetzt werden. Diese Herabsetzungen waren aber nun 
doch im Ganzen so bedeutend und bewirkten einen solchen Ausfall, 
daß an dem ursprünglichen Ansatz der übrigen Einkünfte nicht fest- 
gehalten werden konnte. 
Der Vorschlag ward gemacht, zur Deckung desselben alle welt- 
lichen Güter, adelige sowohl wie bäuerliche, mit 35 Proc. zu be- 
lasten. Dadurch würden aber die schlesischen Edelleute in ein gegen 
den Adel der übrigen Provinzen allzu nachtheiliges, in sich selbst un- 
haltbares Verhältniß gerathen sein; der König wollte davon nichts 
hören. Obgleich er Niemand lieber erleichtert hätte als die Bauern, 
so mußte er sich doch entschließen, ihnen 40 Proc. des Classifications- 
anschlages aufzulegen. Auch hiefür war ein Motiv, daß sonst der 
Unterschied zwischen Schlesien und den übrigen Provinzen zu stark 
und zu schreiend geworden wäre. Man rechnete, daß die Bauern in 
Schlesien bei einer Anlage von 28 ½ Proc. nur halb so viel zu zahlen 
haben würden als die märkischen und pommerschen; auch nach der 
nunmehr ansehnlichen Belastung blieben sie noch immer leichter an- 
gelegt als jene. 
Die Städte leisteten ihren Beitrag durch die Accise, wogegen 
alle directen Auflagen daselbst wegfielen. Der Grund, daß auf diese 
Weise ein jeder so viel zu den allgemeinen Lasten beitrage, als er 
für sein Gewerbe und seine Wirthschaft nöthig und gemächlich finde, 
ward auch hier geltend gemacht und die Veränderung mit Freude 
begrüßt, zumal da man einige Erleichterungen der Accise für den 
Handel hoffen ließ. 
Das Verhältniß der Beisteuer stellte sich nun folgendergestalt: 
das durch dieselbe zu deckende Bedürfniß des Militärstaates betrug 
drittehalb Millionen; davon brachten die Bauern zwei Fünftheile auf,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.