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den Austrag erhielt, die Geschichte des großen Kurfürsten ebenfalls aus den
Acten darzustellen, was er denn auf eine Weise gethan hat, daß sein Werk
die Grundlage aller späteren geworden ist.
Zweifel an der Tradition von der Fehrbelliner Schlacht.
Von den zerstreuten emerlungen, die mir im Laufe der Studien ge-
kommen sind, will ich nur eine einzige hinzufügen, von der ich wünsche, daß
sie geprüft und nach weiterer Forschung verworfen oder angenommen werde.
Auf Pufendorf bezieht sie sich eigentlich nur negativ, insofern als er in der
Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm bei der Darstellung der Schlacht
von Fehrbellin das Ereigniß, das späterhin fast am meisten dabei hervorgehoben
ist, nicht enwähnt. Es ist der Beweis der Treue, den der Stallmeister Froben
dadurch gegeben haben soll, daß er den Kurfürsten veranlaßte, das Pferd, das
ihn trug und von dem man meinte, daß er dadurch den Feinden kenntlich ge-
worden sei, mit dem seinen zu vertauschen; indem er das Pferd des Kurfürsten
bestieg, habe er, so wird erzählt, diesen gercttet, sich selbst den Tod zugezogen.
Besonders hat Friedrich II in den Mômoiresde Brandenbourg bieser Erzäh-
lung Glauben und Autorität verschafft. Er stützte sich auf die ihm zu Theil
gewordenen Informationen, an deren Glaubwürdigkeit er keinen Zweifel hegte.
Grade über den Feldzug von 1675 waren aber seine Informationen nur unzu-
reichend. Es ist gewiß ein Irrthum, daß die Garnison von Rathenow durch einen
Landedelmann, Baron Briest, bei einem großen Gastmahl trunken gemacht wor-
den sei, während der Kurfürst die Havel auf Kähnen habe ÜUberschreiten lassen.
Der Kammerjunker von Buch, dessen Tagebuch ohne Zweifel den besten und
zuverlässigsten Bericht von dem Hergang enthält, meldet (S. 115), daß die
Offiziere am 18. bei einem Edelmann von Briest (der Name des Ortes ist nicht
genannt, doch wird es Hohenseeden zwischen Burg und Genthin gewesen sein)
frühstückten; Briest war den Abend zuvor in Rathenow gewesen und hatte den
Obersten Wrangel gesprochen, welcher noch nichts von dem brandenburgischen
Marsche wußte. Man hatte bereits das Gegentheil gefürchtet; diese Nachricht aber
entschied den Marsch. Bald darauf, ungefähr um eilf Uhr, bekamen Oberst-
lieutenant Kanne und Generaladjutant Kannowsky den Besehl, den Fluß zu
passiren und wenn die Dragoner die Brücke angriffen, ihrerseits ebenfalls an-
zugreifen. Ohne Zweifel liegt in dem wirklichen Antheil Briests an dem de-
finitiven Entschluß zum Angriff und dem Frühßück in seinem Dorse der Ur-
sprung der Sage, die eigentlich die Sache umkehrt, um den Erfolg glanb
licher zu machen. Der König sagt ausdrücklich, der Kurfürst habe sich mit
Briest, der noch in Rathenow gewesen sei, verständigt, während dieser doch
den Tag zuvor von da schon zurlckgekehrt war.
Ebenso ist es unrichtig, daß Derilinger zuerst in Rathenau eingedrungen
sei und die Wachen niedergemacht habe. Aus Buch ergiebt sich mit aller
Mröglichen Bestimmtheit, daß Derflinger zwar nur die erste kleinere Brücke be-
setzte, bei der anderen aber den größten Widerstand sand. Der erste, der in
die Stadt drang, war der Oberftlieutenant Kanne. Indessen wurden die
Brücken noch immer vertheidigt. (Buch p. 118.)