Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

64 Fünftes Buch. Drittes Capitel. 
daß dies eigentlich noch keine schließliche Verabredung, sondern nur 
erst die Grundlage eines künftigen Vertrages bildet. Der König wie 
seine Minister erklärten wiederholt, daß die Uebereinkunft keine Gel- 
tung habe, ehe nicht der Vergleich über Berg wirklich zu Stande 
gebracht sei. 
Auch so war sie nicht ohne Wirkung. Der König sah mit Ver- 
gnügen, daß er in den Reichsangelegenheiten viel glimpflicher und 
rücksichtsvoller behandelt wurde als bisher: die Religionsklagen hörten 
auf. Für Oesterreich war es ein wesentlicher Vortheil, daß sich 
Preußen zu einer neutralen Haltung vermögen ließ. 
Wie sich aber denken läßt, in jenem Halbjahr konnte eine Unter- 
handlung, wie die jülich-bergische, nach den überall und besonders im 
Reich herkömmlichen Formen kaum eingeleitet, geschweige denn been- 
digt werden. Nach einiger Zeit hat man in Wien dem preußischen 
Hofe erklärt, daß man Pfalz-Neuburg jetzt zu keiner vermittelnden 
Abkunft zu bringen vermöge. Es leuchtet ein, daß alsdann auch 
der Wusterhauser Tractat gar nicht mehr als bestehend betrachtet 
werden konnte ½. 
Indessen aber waren die allgemeinen Angelegenheiten zu keiner 
größeren Festigkeit gelangt. 
Noch oftmals schien es, als sollten die trotz aller Friedens- 
entwürfe fortdauernden Feindseligkeiten zwischen Spanien und Eng- 
land, bei denen doch auch dieses durch die spanischen Caper sehr 
empfindliche Verluste erlitt, zu einem allgemeinen Kriege führen. Die 
Franzosen wurden von der englischen Regierung aufgefordert, den 
Verpflichtungen, die sie übernommen, gemäß, in Spanien einzurücken; 
da man in London nach wie vor in dem Einfluß des Kaisers den 
Grund der Hartnäckigkeit Philipps V sah, trug man Sorge, um für 
jeden Fall gerüstet zu sein, mit Hessen und Braunschweig Subsidien- 
tractate zu schließen, die engste Verbindung mit Schweden aufrecht 
zu erhalten. 
Man traf Friedenspräliminarien, nicht ohne die größte Mühe:; 
den Frieden selbst konnte man nicht zu Stande bringen. Oesterreich 
machte einige nicht unbedeutende Concessionen, namentlich in Bezug auf 
die Handelsgesellschaft von Ostende; aber es beharrte- unbedingt auf 
der Annahme der pragmatischen Sanction, welche in dem Umfange, 
1) Anmerkung des Königs bei dem Entwurfe: „wofern der Vergleich 
nicht zu Stande kommt, ist diese Alliance null und nichtig.“ Der bei Du- 
mont VIII, 139 gedruckte Tractat ist erdichtet.
	        
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