64 Fünftes Buch. Drittes Capitel.
daß dies eigentlich noch keine schließliche Verabredung, sondern nur
erst die Grundlage eines künftigen Vertrages bildet. Der König wie
seine Minister erklärten wiederholt, daß die Uebereinkunft keine Gel-
tung habe, ehe nicht der Vergleich über Berg wirklich zu Stande
gebracht sei.
Auch so war sie nicht ohne Wirkung. Der König sah mit Ver-
gnügen, daß er in den Reichsangelegenheiten viel glimpflicher und
rücksichtsvoller behandelt wurde als bisher: die Religionsklagen hörten
auf. Für Oesterreich war es ein wesentlicher Vortheil, daß sich
Preußen zu einer neutralen Haltung vermögen ließ.
Wie sich aber denken läßt, in jenem Halbjahr konnte eine Unter-
handlung, wie die jülich-bergische, nach den überall und besonders im
Reich herkömmlichen Formen kaum eingeleitet, geschweige denn been-
digt werden. Nach einiger Zeit hat man in Wien dem preußischen
Hofe erklärt, daß man Pfalz-Neuburg jetzt zu keiner vermittelnden
Abkunft zu bringen vermöge. Es leuchtet ein, daß alsdann auch
der Wusterhauser Tractat gar nicht mehr als bestehend betrachtet
werden konnte ½.
Indessen aber waren die allgemeinen Angelegenheiten zu keiner
größeren Festigkeit gelangt.
Noch oftmals schien es, als sollten die trotz aller Friedens-
entwürfe fortdauernden Feindseligkeiten zwischen Spanien und Eng-
land, bei denen doch auch dieses durch die spanischen Caper sehr
empfindliche Verluste erlitt, zu einem allgemeinen Kriege führen. Die
Franzosen wurden von der englischen Regierung aufgefordert, den
Verpflichtungen, die sie übernommen, gemäß, in Spanien einzurücken;
da man in London nach wie vor in dem Einfluß des Kaisers den
Grund der Hartnäckigkeit Philipps V sah, trug man Sorge, um für
jeden Fall gerüstet zu sein, mit Hessen und Braunschweig Subsidien-
tractate zu schließen, die engste Verbindung mit Schweden aufrecht
zu erhalten.
Man traf Friedenspräliminarien, nicht ohne die größte Mühe:;
den Frieden selbst konnte man nicht zu Stande bringen. Oesterreich
machte einige nicht unbedeutende Concessionen, namentlich in Bezug auf
die Handelsgesellschaft von Ostende; aber es beharrte- unbedingt auf
der Annahme der pragmatischen Sanction, welche in dem Umfange,
1) Anmerkung des Königs bei dem Entwurfe: „wofern der Vergleich
nicht zu Stande kommt, ist diese Alliance null und nichtig.“ Der bei Du-
mont VIII, 139 gedruckte Tractat ist erdichtet.