Verhältniß zu England. 75
Wirklich hat man sich einst auf beiden Seiten in Kriegsbereit-
schaft gesetzt: Georg mahnte seine Freunde in Wolfenbüttel, Cassel,
Kopenhagen auf, er hat sich selbst an die Franzosen gewendet; in
Berlin sah und hörte man nur noch von Rüstungen.
Dazu waren jedoch die Dinge nicht angethan, um zu einem
blutigen Zusammentreffen zu führen. Es wäre eine Fehde im Geiste
des Mittelalters gewesen, wie eine solche dann und wann auch in
der Reformationsepoche die allgemeinen Bestrebungen durchsetzte. Aber
auch diese Zeiten waren vorüber, die beiden Fürsten viel zu mächtig, als
daß eine einseitige, auf sie selbst eingeschränkte Feindseligkeit zwischen
ihnen noch möglich gewesen wäre. In den damaligen Verhandlungen
der europäischen Mächte ist wiederholt davon die Rede gewesen:
Frankreich war für England, der Kaiser für Preußen.
Nach mancherlei anderen Vermittelungsversuchen, die aber nicht
weit führten 1), machte endlich Friedrich Wilhelm selbst den Vorschlag,
daß die von Hannover reclamirten Unterthanen verhört und diejenigen
unter ihnen, bei welchen das zwischen beiden Ländern bestehende Cartel
verletzt worden, herausgegeben werden sollten. Man hatte von hun-
derten gesprochen: es fanden sich zuletzt nur zwanzig. Gegen deren
Auslieferung wurden die festgehaltenen preußischen Soldaten ebenfalls
zurückgegeben.
In Dem aber nahmen nun die großen Angelegenheiten eine
Wendung, welche den Kaiser und dann auch seine Verbündeten in
großen Nachtheil setzte. Im November 1729 gelang es den Eng-
ländern in den Verhandlungen zu Sevilla, im Verein mit Frank-
reich, Spanien von dem Kaiser zu trennen und auf ihre Seite zu
bringen. Der Grund war, daß Königin Elisabeth Farnese endlich
doch an der Vollziehung jener Heirathsversprechungen, mit denen sie
sich vier Jahre lang geschmeichelt hatte, irre wurde und es vorzog, die
Zukunft ihres Sohnes durch eine neue Abkunft mit England und
Frankreich zu sichern. Diese versprachen ihr die Besetzung der festen
Plätze der dem Infanten bestimmten italienischen Lande, Toscana,
Parma und Piacenza durch spanische Garnisonen, wogegen sie zu-
1) Seckendorf sagt, er habe den Rath gegeben. 28. Juli: „on veut
Avoir satisfaction conte qui coate, j'ai fait differer la response (wo drin
steht, man halte es für einen Friedensbruch, wenn man nicht alles in statu
quo stellt) jusque apres la revue des troupes de llesse, afin due ceux-là
retournent dans leur quartier; j’ai proposé pour exhpédiem quc les
IIanovriens doivent relücher tous les Drussiens et quc le roi en meme
tems relöchera diejenigen so man mit Gewalt weggenommen.“