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Ingendjahre Friedrichs II. 3
über Gott und Christus und die Einwirkungen des Satan mit vieler
Ueberzeugung ausspricht. Man weiß die Psalmenmelodieen zu nennen,
an denen er besonders Wohlgefallen gefunden hat.
Das ist nun aber wohl nicht die Absicht der Natur und der Vor-
sehung bei der Aufeinanderfolge der Generationen, daß die aufwachsen-
den Geschlechter den vorangegangenen gleich seien, und die Kinder die
Lebensgedanken der Eltern noch einmal zur Erscheinung bringen.
In jenen ältesten Briefen zeigt der junge Prinz schon Spuren
einer Gewandtheit und Feinheit, die dem Sinne des Vaters fern
lagen. Sehr merkwürdig ist der erwähnte kleine Aufsatz. Das erste
Wort, das Friedrich je aus eigenem Nachdenken aufzeichnete, lautet:
„man muß das Herz auf dem rechten Fleck haben“. Eine andere
Maxime, die da vorkommt, dürfte man wohl von dem Vater nicht
erwarten: „man müsse nichts zu stark lieben“. Geistige Auffassung
ist in jedem Worte des Knaben zu bemerken. Wer ihn sab, erkannte
das Regen eines eingeborenen Talents, und es war an sich nicht
zu erwarten, daß sich dies gerade in den Bahnen des Vaters be-
wegen werde.
Der Mann nun, der auf die eigenthümliche Entwickelung des
Heranwachsenden den meisten Einfluß geübt hat, ist sein täglicher
Lehrer, Duhan de Jandun, gewesen.
Auch dieser war ein eingewanderter Franzose, den Friedrich Wil-
helm einst in den Laufgräben von Stralsund als einen tapfern Frei-
willigen kennen gelernt,so daß er ihn für besonders geeignet halten
mochte, den Prinzen nach seiner militärischen Absicht zu unterweisen.
Duhan hatte aber mehr natürlichen Sinn für die Studien als
für die Waffen, und hiedurch besonders wirkte er auf seinen Zögling.
Friedrich hat selbst einmal in einem lebendigen Erguß seiner Gefühle
das Verhältniß bezeichnet, in dem sein Lehrer zu ihm stand. Er
dankt ihm vor allem, daß er den Kreis von Gedanken und Bestre-
bungen durchbrochen, die ihn umfaßt hielten, wie er sagt, der Un-
wissenheit, worin seine blöde Unschuld schlief. Duhan ließ ihn noch
ein anderes Verdienst ahnen als das, wovon im Umgang mit Füsst
Leopold und seinem Vater die Rede war, sprach ihm von einem
Fürstenruhm, der nicht von dem Schwerte abhängt, wie ihn Titus
und die Antonine erworben, richtete seinen Blick von der getümmel-
vollen Thatkraft der Männer des Theatrum europaeum und den ver-
wickelten Bestrebungen religiös-politischer Kämpfe auf die persönliche
Lebensweisheit, die in einem beruhigten Zustand möglich ist, auf
Denker und Dichter des Alterthums, wie Sokrates und Horaz sind.
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