Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

86 Füuftes Buch. Biertes Capitel. 
zusammenzuberufen, neue Mitglieder aufzunehmen. Patron und Com- 
patron sind die Titel, mit welchen die beiden Fürsten sowohl unter- 
einander als von den vertrautesten Dienern bezeichnet werden. Sie 
machten einen förmlichen Vertrag, wie Einer den Andern ohne Cere- 
monie und selbst ohne Ankündigung sollte besuchen, sein Mittag= oder 
Abendessen bei dem königlichen Gastfreund oder auch bei wem ihm 
sonst beliebe, ohne Rücksicht auf Nang, einnehmen können. Die 
Hauptsachen aber blieben doch wohl vorbereitete Zusammenkünfte, bei 
denen sie einander mit Prunk und Aufwand bewirtheten. Die erste 
fand im Carneval 1728 statt, wo der König und der Kronprinz von 
Preußen in Dresden erschienen. Es wäre unnütz, die Festlichkeiten 
zu schildern, von denen damals eigene Beschreibungen in Prosa und 
Versen herauskamen, die dann oft excerpirt worden sind. Merkwür- 
diger ist es, welchen Eindruck dieses Dresden auf Vater und Sohn 
hervorbrachte. Friedrich Wilhelm bewunderte die Magnificenz dieses 
Hofes, gegen welchen die Pracht seines Vaters „Lappalie“ gewesen 
sei; wäre es möglich, Gold zu machen, so würde er glauben, der 
König von Polen besitze dies Geheimniß. Er verglich die Anstalten 
zur Jagd, die Fasanengärten, die Orangerie, die Sammlungen, wie 
das grüne Gewölbe, mit seinen eigenen und gestand, daß jene un- 
vergleichlich besser seien. Aber er unterließ nicht, auch den militärischen 
Dingen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Von der Festung Königs- 
stein urtheilte er, sie verdiene, daß man 100 Meilen danach reise: 
dagegen das Zeughaus von Dresden erklärte er für tausendmal 
schlechter als das Berliner; — von der Infanterie fand er einige 
Regimenter sehr gut, andere erbärmlich, auch manche Offiziere von 
Verdienst: was aber dabei seine Mißbilligung erweckte, war die ge- 
ringe Achtung, in der dieselben standen, so daß man sie wohl, sagt 
er in einem Briefe an den Fürsten von Dessau, „mit den Lakaien 
paradiren“ lasse ). Er hielt es für seine Pflicht, ihnen dagegen die 
in Berlin gebräuchliche Ehre zu erweisen; er suchte den geringsten 
Fähndrich hervorzuziehen. 
Hätten wir doch auch einen ähnlich eingehenden Brief von dem 
Kronprinzen! Das dürfte sich wohl nicht darin finden, was der 
Vater von sich sagt, es habe nicht an Verführung gefehlt, aber Gott 
habe ihn bewahrt, er sei rein vor Gott. Auf den jungen lebens- 
lustigen Prinzen, dem die Welt sich hier zum ersten Mal ohne den 
1) Schreiben Friedrich Wilhelms an den Fürsten von Anhalt, Potsdam 
13. Februar 1728, nachdem er den Abend zuvor angelangt war.
	        
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