Jugendjahre Friedrichs II. 89
Autoren, wie Jacob Basnage, zu wagen, durch die er sich dann in
seinen Meinungen befestigte.
Dem haushälterischen, soldatischen, in religiösen Dingen an einer
einfachen und praktisch anwendbaren Formel festhaltenden Vater setzte
sich dergestalt in dem Sohne eine auf Literatur und Kunst gerichtete,
der Tiefe und Forschung zugewandte Sinnesweise, die aber auch
an äußerem Wohlleben Gefallen fand, entgegen. Der König hatte
keinen Sinn dafür, daß diese zu etwas Rühmlichem und Gutem,
er sah nur, daß sie auf Abwege führen könne, und verwarf sie von
Grund aus. «
Der Prinz wünschte eine größere Reise zu unternehmen, vielleicht
in Begleitung von Kalkstein, der einst dem König davon gesprochen
hat, zu seiner Ausbildung und seinem Vergnügen: aber der König
mochte fürchten, daß er sich dann vollends einem unheimischen Wesen
zuwenden, ihm entfremden werde, und wollte nichts davon hören.
Im Sommer und Herbst 1728 kam es zwischen beiden zu offenem
Mißverständniß. Der Prinz beklagt sich, daß die Gnade seines Vaters
sich in Haß zu verwandeln scheine: wiewohl er sich geprüft, habe er
seines Wissens sich nichts vorzuwerfen. Der König antwortete ihm
mit Scheltworten über sein unmännliches („effeminirtes“) Wesen; er
solle doch wenigstens seinem Vater zu Liebe sich anders bezeigen, aber
er folge nur seinem eigensinnigen Kopfe 7).
Damit ist nicht gesagt, daß der wachsende Unwille seiner Vater-
liebe eben für diesen Sohn Eintrag gethan habe. Um diese Zeit
gedenkt er in einem Briefe an den Fürsten von Dessau einer Krank-
heit, in die der Prinz gefallen war. „So lange die Kinder gesund
sind“, sagt er, „so weiß man nicht, daß man sie lieb hat.“
Und so blieb trotz allen Haders auch Friedrich in seinem Herzen
gesinnt. Es kam einst hierüber, bald nach jenen unerfreulichen Er-
klärungen, im October 1728 zu einer Scene zwischen Vater und
Sohn, die ihres gleichen nicht hat.
Man feierte den Hubertustag in Wusterhausen mit einer großen
Tafel: der Prinz saß der Königin gegenüber neben dem sachsisch-
polnischen Gesandten Suhm und wiederholte, was er ihm oft schon
gesagt, daß er es in der Knechtschaft, in der er leben müsse, nicht
auszuhalten im Stande sei, ob ihm nicht vielleicht der König August 11
durch seine Vermittelung die Erlaubniß zu einer Reise verschaffen
könne, nur damit er etwas mehr Freiheit genieße. Gegen seinen an-
1) Der Brief (1I. Septbr. 1728) bei Cramer 33.