Feldzug in Sachsen. 203
Am 20. November geschah der Einmarsch von Lobkowitz, am
21. der des Prinzen Carl; hierauf trug Friedrich kein Bedenken, auch
seinerseits sich in Bewegung zu setzen und den Krieg nochmals zu
eröffnen.
Ich empfehle euch Alle, schreibt er am 22., dem Schutze der
Vorsehung, dem Genius, der über die Erhaltung der großen Staaten
wacht —; wenn es uns glücklich geht, so wird es die Mühseligkeit
nicht sein, worüber wir uns beklagen.
Um seinen Entschluß zu dem Unternehmen zu würdigen, darf
man nicht vergessen, daß er sich dabei einem Bruch mit Rußland
aussetzte; wovon eben seine Gegner nicht glaubten, daß er es wagen
würde.
Am 23. November überschritt er die Queiß bei Naumburg in
vier Colonnen. Er hatte nicht lange gewählt, doch traf er den rech-
ten Augenblick. Eben war General Grüne von der andern Seite
bis nach Königsbrück gekommen; ehe noch ein gemeinschaftlicher Plan
zwischen ihm und dem Prinzen Carl verabredet war, erschien der
König in ihrer Mitte. Und niemals ist wohl ein drohendes Un-
gewitter rascher auseinandergetrieben worden. Noch am Nachmittag
des 23. wurde das plötzlich aus seiner Sicherheit aufgeschreckte säch-
sische Quartier zu Hennersdorf zersprengt, nicht ohne einen tapfern,
aber fruchtlosen Widerstand; die preußische Armee breitete sich bis
nach Görlitz aus ). In seinen Bewegungen auf das Unerwartetste
gestört und an sich nicht ganz einverstanden, entschloß sich Prinz Carl,
mit der ganzen Macht, die er vor kurzem aus Böhmen herbeigeführt
hatte, wieder dahin zurückzukehren, was nicht ohne Unordnung und
Verlust geschah. Wo er Abends sein Quartier aufschlug, erschienen
wenige Stunden nachher auch die Preußen, sodaß er in der Nacht
aufbrechen und seinen Weg weiter fortsetzen mußte. Die Preußen
machten die angestrengtesten Märsche, campirten die Nacht meist unter
freiem Himmel: nur mit dem Wunsch, den Feind im offenen Felde
zu finden. Nachdem dieser in der Frühe des 28. vollends seinen
Rückzug genommen, hielten sie ihren ersten Rasttag. Sie waren um
so erfreuter, da durch die Aussagen der Gefangenen und die Brief-
1) Schreiben Friedrichs an Flirst Leopold, 23., 25., 26., 27., 28. Nov.,
bei Orlich II, 421. Ganz ähnliche gingen nach Berlin, mit einigen Zufätzen,
3. B.: J’ai commencéè mes opérations le 23; c'est aujourdhui le 27 et
les Autrichiens sont dein à moitié resortis de la Lusace; à ce soir il
y en aura plus à Zittau. Nous avons fait D’impossible pour aller
ei vite.