Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Einleitung. 223 
Wenn es bei dem zweiten schlesischen Kriege nur darauf an- 
gekommen wäre, Schlesien zu vertheidigen, so hätte man den Zweck 
desselben als erreicht ansehen dürfen. Welche Wünsche und Absichten 
auch immer die Gemüther bergen mochten, so hatten doch die groß- 
artigen Waffenthaten des preußischen Heeres das Ansehen Friedrichs 
und seines Staates so mächtig gehoben, daß er einen neuen Angriff 
nicht so bald zu fürchten brauchte. Er hatte soeben gezeigt, wie er 
einem solchen zuvorzukommen und ihn, noch ehe er geschehen, gegen 
den Feind zu kehren wisse. 
Nun war aber der letzte Krieg nicht zunächst Schlesiens halber 
ausgebrochen, sondern wegen der Hülfe, die Friedrich dem Hause Wit- 
telsbach in Baiern, insbesondere dem Kaiser Carl VII leistete; sein 
Ursprung lag vornehmlich in der Frage, ob Preußen vereint mit 
Baiern, oder abermals Oesterreich die vorwaltende Autorität in Deutsch- 
land besitzen solle; in dieser Beziehung waren die Erfolge des Krieges 
keineswegs zu Gunsten von Preußen. 
Wohl konnte es als eine Wirkung desselben angesehen werden, 
daß Baiern nicht von Oesterreich eingezogen ward; allein zunächst war 
das nicht einmal ein mittelbarer Vortheil für Friedrich, da dieses 
Land, mehr als je erschöpft, sich auf das Engste an die österreichische 
Politik anschließen mußte. Die Deutsche Krone, welche Friedrich dem 
Großherzog von Toskana so lange und lebhaft streitig gemacht hatte, 
war nun doch in den Besitz desselben übergegangen, und man sah die 
Regierung des Reiches unter dem lothringischen Kaiser sofort wieder 
in die alten Bahnen einlenken. 
Franz l führte den Reichstag sogleich wieder nach Regensburg 
zurück; die Denkmünze, die darauf geschlagen ward, scheint anzudeuten, 
als sei die öffentliche Sicherheit mit der Wiederauffahrt am Rath= 
hause von Regensburg verbunden. Der erste Antrag, der daselbst 
geschah, betraf die allgemeine Bewaffnung; der erste Beschluß, der mit 
Stimmenmehrheit beliebt ward, war ein Reichsgutachten, nach welchem 
die Armatur unverzüglich dreifach in Stand gesetzt werden sollte; die 
vier vorderen Kreise zeigten sich im ersten Eifer bereit, sogar noch eine 
größere Anzahl von Truppen ins Feld zu stellen. 
Nachdem jene Säcularisationsentwürfe hauptsächlich durch den 
Widerstand von Oesterreich gescheitert waren, mußte das Verhältniß 
der geistlichen Fürsten zu der Macht, der sie ihre Erhaltung verdank- 
ten, nur noch inniger werden. Ohne Zweifel lag in diesem wiewohl 
einseitigen Interesse das wichtigste Moment für die neue Verbindung 
Oesterreichs mit der Reichsgewalt; es beherrschte die Mehrheit am
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.