238 Zwolftes Buch. Zweites Capitel.
Die königlichen Commissarien nahmen diese im Allgemeinen an und
suchten nur ein Ueberschreiten durch bedingende Zusätze zu verhüten 7).
Die wichtigsten Punkte sind, daß die Stände sich vereinigen und ihre
Rechte gemeinschaftlich vertreten dürfen, die Beschlüsse des Landtags
unbedingt ausgeführt, die Landesmittel von den Ständen bewilligt
und von ständischen Administratoren verwaltet werden sollen. Was
das letzte betrifft, so stellen Homfeld und Cocceji dem König vor, alle
bisherigen Irrungen seien daher entstanden, daß sich der Fürst der
ihm dadurch auferlegten engen Fesseln zu entledigen gesucht habe, und
lagen ihm an, dies zu vermeiden. In allen Punkten wurde der Lan-
desverfassung eine freie und volle Wirksamkeit gewährt. Sollte sich die
Regierung allzubeschränkt fühlen, so konnte sie nicht mehr durch kaiser-
liche Decrete oder in Folge fürstlicher Befugnisse, wie sie sonst vor-
behalten worden, sondern nur durch Verhandlung mit den Ständen
darüber hinwegkommen.
Bisher hatte der Fürst von Ostfriesland außer der Rente seiner
Domänen, von den Landesmitteln nur eine Beisteuer von 12000 Tha-
lern des Jahres empfangen; die Stände willigten ein, sie für den
neuen Fürsten auf 21000 Thaler zu erhöhen.
Mehr Hin= und Herreden erweckte eine andere, dem militärischen
Charakter von Preußen, aber nicht dem Zustand von Ostfriesland
entsprechende Forderung des Königs: die alljährliche Stellung einer
Anzahl von Rekruten für seinen Dienst 2). Hiegegen erhob sich
mannichfaltiger Widerspruch. Das Land sei ohnehin noch nicht hin-
reichend bevölkert; wenn man den ersten jungen Mann ergreife und
ihn zum Rekruten mache, so werde man die Edelhöfe, die von frem-
den Pächtern bewirthschaftet würden, veröden sehen. Noch größere
Aufregung aber werde eine solche Neuerung unter den einheimischen
angesessenen Bauern hervorbringen; es werde ihnen unerträglich vor-
kommen, wenn man ihre Söhne, welche landtagsfähig seien, zu Sol-
daten wegnehme. Auf diese Vorstellungen, die von den am besten
preußisch gesinnten Ständemitgliedern unterstützt wurden, gab der
1) In dem zweiten Artikel sind die Worte, daß den Ständen freistehen
solle, conjunctim ihre Rechte zu verkreten, von den Ständen; die folgenden aber,
daß dabei nichts gegen die Landesherrn und die Landesverträge beschlossen
werden soll, von der Regierung.
2) Seine Worte waren: wenn ihm die Stände ein jährliches erkleckliches
Quantum (an Geld) nebst einer Anzahl von Rekruten liefern würden, wolle
er keine Processe mit ihnen haben.