Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

258. Zwölstes Buch. Viertes Capitel. 
einen kleinen Garten und hinreichliche Grasung für zwei Kühe haben 
müsse, und berechnete sich, daß er jährlich bei 1000 solcher Familien 
anzusiedeln im Stande sei. In Mecklenburg, Sachsen und Polen 
fanden sich Leute genug, sein Anerbieten anzunehmen. So hielt er 
für gut, die fremden Maurergesellen, die nach Berlin kamen, daselbst 
ansässig zu machen; es war dafür gesorgt, daß sie Arbeit bekamen 
und zu leben hatten. Wenn ihm daraus Unannehmlichkeiten ent- 
sprangen — denn nicht eben die fleißigsten Leute waren die neuen 
Einzöglinge —, so tröstete er sich damit, daß die erste Generation 
der Colonisten in der Regel nicht viel tauge, aber die folgende besser 
sei. Es schien ihm Vortheil genug, daß in den ersten fünfzehn Jahren 
seiner Regierung die Volkszahl in der Kurmark ziemlich um ein Fünf- 
theil stieg: von 476000 bis auf 580000 Einwohner. 
Das Manufactursystem, das hiezu besonders beitrug, bestand 
noch in der ganzen Strenge Friedrich Wilhelms 1. Aus einem Ab- 
kt kommen, welches die vier alten Abtheilungen des Generaldirectoriums 
mit der von Friedrich gegriindeten fünften schlossen, sieht man, was 
sie sich noch vorbehielten, welche Rechte sie ausübten: die Aufsicht über 
alle im Lande befindlichen Handwerker und Künstler, ihre Vermehrung 
und Verminderung, ihre Versetzung aus einer Provinz, aus einer 
Stadt in die andere; es war noch ganz jene, allerdings fürsorgende, 
aber mit gebieterischer Hand durchgreifende Organisation der Arbeit, 
deren wir gedachten 1). 
Wenn man die Schafzucht beförderte, so blieb doch die Woll- 
ausfuhr auf das Strengste verboten, die Ausfuhr der bewollten Felle 
sogar aus einer Provinz in die andere. Bei der Wollschur kaufte 
die Regierung, nach dem Vorgange Friedrich Wilhelms?), eine Quan- 
1) Protocoll vom 5. Jonuar 1741 in den A#. Cabinetsordres, Ver- 
fÜgungen und Tabellen in La Motte Abhandlungen II. 354. 
2) An die Churmörkische Kammer, 6. Juni 1730: Da uns bekannt ist, 
daß es allhier viele Wollaufkäufer giebt, welche den unbemittelten Manufac- 
turiers zwar Wolle vorschießen, solche sich aber mehr als doppelt wieder be- 
zahlen lassen, dadurch aber solche Manufacturiers nie auf einen grlinen Zweig 
kommen können, sondern in beständiger Misere bleiben müssen, so sind wir 
nicht abgeneigt, — ein gewisses Capital ohne Interessen herzugeben, wovor 
alle Jahr eine gute Quantität Wolle aufzuklaufen, und nachgehends an die 
lleinen Fabrikanten vor eben den Preis zur Verarbeitung vorschußweise her- 
gegeben werden könne; da dann das Wollmagazin dergestalt eingerichtet werden 
mlißte, doß das in der Wolle sleckende Capital abermal bei jeder Wollschur 
wieder in Cassa sey. (Acta wegen der zum Berliner Wollmagazin hergegebenen 
Fonds.)
	        
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