156 Oberpfalz und Regensburg.
Worin dann Regensburg alle deutschen Städte übertrifft, das ist in
einer hochinteressanten Auswahl von Altären aus allen Epochen der christ-
lichen Kunst, hier kann man die Geschichte des Altares studiren wie nirgends.
Wir haben schon oben auf zwei romanische Altäre hingewiesen. Ebenso
besitzt Regensburg acht herrliche Ciborienaltäre (15. Jahrh.), wovon fünf im
Dom, drei in Niedermünster sich befinden. Es sind dieses Altäre, von vier
Säulen umgeben und mit einem Baldachin überspannt. Zwischen den Säu-
len waren einst kostbare Teppiche, die zugeschlossen werden konnten, um das
Heilige Unheiligen zu verhüllen. Auf diese folgten die Klappen= oder Flügel-
altäre, Schreine, deren Seitentheile geöffnet oder zugethan werden konnten.
Welch ein Reichthum an solchen Altären ist noch im ganzen Gebiete der
Oberpfalz vorhanden! Ich nenne nur die zierlichen Altärchen der Gothik in
der alten Kapelle, in St. Leonhard, am Kirchhof von St. Rupert in Regens-
burg, die Altäre zu St. Wolfgang bei Velburg, zu Prüfening (Pfarre), zu
Kneiting, zu Teublitz, zu Trausnitz, zu Tirschenreuth (St. Peter), endlich in
der Schloßkapelle zu Wörth an der Donau. Doch auch die Kanzeln (im
Dome, in Kneiting, in Kager, in Ammerthal, in Nabburg) wollen als Ge-
bilde der Gothik genannt sein, welche in ihrer Art eben so originell in Er-
findung und vollendet in der Durchführung sind, als die bewundertsten
Kirchenbauten, nicht minder die Taufsteine zu St. Rupert, zu Am-
berg, zu Sulzbach, und die Brunnen im Dome und in der alten
Kapelle. Endlich dürfen wir auch die glänzende Entwicklung der Civil-
architektur in dieser Zeit nicht mit Stillschweigen übergehen. Die
Rathhäuser zu Regensburg, zu Amberg, in Neumarkt vor. Allen
zeugen vom Reichthume, von dem feinen Geschmack und dem stolzen Selbst-
bewußtsein der Bürgerschaft dieser Städte, die durch die Gunst ihrer Fürsten
und durch die Theilnahme am Welthandel, dessen eine Hauptstraße von Nürn-
berg über Regensburg nach Venedig führte, zu großer politischer Bedeutung
gekommen waren.
Wenden wir sofort unser Auge den Schöpfungen der Plastik in dieser
Periode zu. Es läßt sich erwarten, daß bei der großen Anzahl von ent-
stehenden Kirchen eine Fülle von Bildwerken zu ihrer Ausstattung verlangt
wurde und die Bauhütten von Regensburg und Nürnberg besassen tüchtige
Meister genug, um einen Wald von Heiligenbildern aus Stein und Holz zu
meißeln. Damit haben wir auch den Charakter dieser Gebilde schon ange-
deutet. Die Mehrzahl ist tüchtige Steinmetzenarbeit, kräftig, charakteristisch,
und technisch bewunderungswürdig, aber der Hauch der Anmuth, das Ge-
präge höherer Idealität fehlt ihnen zumeist. Doch sind auch hier Gebilde
erhalten, die an Zartheit, Tiefe der Empfindung und himmlischer Liebenswürdig-
keit selbst den Antiken an die Seite gestellt werden können. Es bedarf kaum
der Bemerkung, daß auch in diesen Gegenden die plastischen Arbeiten des
vierzehnten Jahrhunderts den idealen Anforderungen mehr entsprechen, im