Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

Die oberpfälzische Mundart. 211 
In Absicht auf die Beugung 
5) des Hauptwortes 
selbst seien uns noch folgende Bemerkungen erlaubt: 
1. End. Bei einer großen Zahl weiblicher Appellativ-Namen der ab- 
hängigen (schwachen) Declination kommt schon der Nominat. Sing. mit der 
Endung der obliquen Casus vor, so: Flasch'’n, Kerz'n, Hb'’m (Haube), 
Kiöt'n (Kette), Wolk'’n. Vereinzelt tritt dieß selbst bei masculinis auf 
(Habern, Hadern), während umgekehrt die in den Nom. Sing. vorgedrun- 
gene schwache Endung en der neuen hochdeutschen Sprache in der Mundart 
bisweilen wegfällt, z. B. Fried (in der Bedeutung Ruhe), Grosch, W42 
(Nürnberg). Die erstbezeichneten weiblichen Dialektformen hängen im Plural 
ein kurzes & als Flexionssilbe (mundartlich für die Collektivsilbe er) an, so 
Häbmä, Wolknsä, Kiötnä. Diese paragogische Pluralendung 4 aus er kommt 
auch bei einigen neutris statt der hochdeutschen Flexionssilbe e# oder en vor, 
Better (Bettä), Stücker (Stücksä), während bei den neutris ohne Nach- 
silbe die Pluralendung e der starken Declination regelmäßig abgestoßen wird, 
z. B. dei Ros (Rosse), Wort, Gaus (Jahre, das & an der Stelle vonr). 
2. End. Daß der Genitiv mundartlich fast durchweg außer Gebrauch 
gekommen, wurde bereits oben erwähnt. Er wird durch den Dativ mit Hilfe 
des Pronom. possess. umschrieben, z. B. in (dem) Schoustä sei Bou (des 
Schusters Bub), den (diesem) ser Haus. Nur in einzelnen Ausdrücken hat 
sich derselbe erhalten, z. B. rechtä oder linkä Hand, oind Weg, ledingi 
Weis (lediger Weise), heintigs Tags (heutiges Tags). 
3. End. Das allgemeine Flexionszeichen des Dativ Plur. ist n. Die 
oben (1. End.) bezeichneten Formen lauten also in der 3. End. Mehrheit: 
Häbmän, Flaschnän, Kistnän. Ein ähnlicher verstärkter Dat. Plur. er- 
scheint gewöhnlich da, wo im Hochdeutschen der Nom. Plur. die Flexions= 
endung e, n oder en annimmt, z. B. den Herrnän (den Herren), Hundnän, 
Hemdnin. Häufig erleidet in diesen Fällen schon der Nom. Plur. — na- 
mentlich in der Betonung — eine gleiche Verstärkung: Hundnä, Herrnd rKc., 
Die Flexionssilbe ern geht mundartlich in än über. 
Zu bemerken kömmt noch: Die meisten Präpositionen, welche in der 
Schriftsprache den Genit. regieren, erscheinen im Dialekte mit dem Dativ.: 
innerhalb sein’ Haus, während den (mundartlich für dem) Gottesdeinst. 
Hinwider wird der Dat. Plur. gerne durch einen anderen Casus (Nom. 
oder Accus.), insbesondere bei den Präpositionen: bei, mit, von, zu ersetzt, 
1. B. er wohnt bei goute Leut, mit di Kindid (dagegen im Singul.: 
mit'n oder min Kind), die arme Leut mouss (mou) mer helf’n. 
4. End. Wo der Nom. eine Verstärkung der Flexion hat, nimmt sie 
14*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.