Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

222 Oberpfalz u. Regensburg. 
Wenzel, wie anderwärts von den Tagen, da Bertha spann. Die Hirschauer 
leiten — freilich nach sehr unverbürgten Nachrichten — selbst die Erbauung 
ihrer Stadt von ihm her. Hirschau spielt in der Oberpfalz eine ährliche 
Rolle wie Weilheim in Altbayern, und die „Hirschauer Stückel“ wetteifern 
mit den geistes= und formverwandten Weilheimern. Es heißt, die Hirschauer 
hätten das als ein Vermächtniß von dem Fundator ihres Städtleins, der 
gar ein sonderlicher Freund heiterer Schwänke gewesen, wie das auch sein 
landläufiger Name bekunde. Anderwärts heiße er mit minderem Rechte der 
„faule Wenzel“. Man hat sein Gedächtniß in mannigfacher Weise geehrt, und 
in den Obstgärten um Hirschau gedeiht eine gar vortreffliche Birne, die noch 
heutzutage den Namen „Wenzelbirne“ führt. Auf dem Enzelberge aber — 
ein Stündchen vor der Stadt — „entert“!) es noch alleweile, und das ist 
Niemand anders als der lustige Wenzel, der seine Vorliebe für Oirschau 
auch im Grabe noch nicht verwunden hat. 
Einer anderen Sage zufolge leitet der Enzelberg seine Bezeichnung nicht 
vom Könige Wenzeslaus sondern von dem alten Hunnenkönige Etzel ab. Auf 
dem Rücken des Hügels soll ehedem eine Burg gestanden sein, in welcher 
der Held Attila mit seinen Töchtern hauste. Aber Unsegen waltete über ihm; 
seine Töchter blieben unfruchtbar, weil sie vom Aaronkraut und der Wurzel 
Biberell genossen, und seine Burg versank nachgerade in die Tiefe des Ber- 
ges, so daß selbst vom Grundbaue kein Stein mehr aufzufinden. 
Sonst ist der Name „Etzel“ so ziemlich allenthalben verklungen und die 
vereinzelten Ueberlieferungen von der „Heidenschlacht" (Hunnenschlacht) be- 
ziehen sich auf die Einfälle der Wolga-Steppensöhne zu Anfang des zehnten 
Jahrhunderts. Waldmünchen leitet nach der Sage Ursprung und Name von 
den Mönchen ab, welche sich zu jener Zeit aus den brennenden Klöstern 
Niederbayerns in die öden Gegenden am Böhmerwalde und Bernsteingebirge 
geflüchtet hatten. 
Desto frischer lebt im oberpfälzischen Volke die Erinnerung an die Hussi- 
tenstürme. Die Gräuelthaten dieser böhmischen Sektirer bilden ein stehendes 
Kapitel in den Chroniken. An der Schwarzach erzählen Dir noch die Bauern 
von der Hiltersrieder Schlacht und sonderlich von der Wuth der Hussiten 
gegen alle geweihten Glocken. Das rührte aber von den vier Glocken zu 
Burglengenfeld her, die so hellen Klang gaben, daß er bis nach Böhmen 
drang, und bei den Böhmischen das Gelüste erregte, eine dieser Glocken zu 
stehlen. Sie versuchten es mit der größten Vorsicht; aber hart außerhalb der 
Stadt versank sie ihnen in den Sand, und konnte trotz aller Mühe von den 
Dieben nicht mehr weiter geschafft werden. Aehnliches erzählt man sich von 
der großen Glocke auf dem hölzernen Gleckenstuhle zu Pittersberg bei Amberg. 
Noch heutiges Tages wird in den meisten Städtchen und Märkten, na- 
1) Entern = geistern.
	        
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