Die Sagen der Oberpfalz. 235
kennen. Die Oberpfalz hat selbft das Gedächtniß an seinen Namen nicht ver-
loren. Schönwerth (II. 313) berichtet von einer höchst merkwürdigen Sage,
die um Neuenhammer an der Pfreimt erzählt wird. Sie spricht von einem
mächtigen, der Zauberei kundigen König, Namens Woud, und seiner Gemah-
l#n Freid, welch' letztere sich, um ihren Gatten zu fesseln, einen kunstreichen
Halsgürtel von den Zwergen schmieden ließ, der für jenen, so ihn trug, die
Gewalt hatte, alle Herzen zu bezaubern. Doch mußte sie sich den Zwergen
zum Lohne ergeben. Als dieß Woud erfuhr, nahm er ihr heimlich bei der
Nacht das Geschmeide und verließ sie. Jahrelang eilte nun die Unglückliche
ihrem flüchtigen geliebten Gatten nach, und die Thränen, die sie Abends nach
fruchtlosem Suchen weinte, wurden zu Perlen. Endlich als die Zeit um war,
fand sie ihn und zeigte ihm die Perlen, die sie um ihn geweint. Es waren
ihrer gerade so viel als Sternchen am Halsgeschmeide. Da wurde er er-
weicht, gab ihr den Schmuck zurück und nahm sie wieder auf. — Das Mär-
chen gibt in überraschender Weise die Erzählung der Edda von Odhin und
Freyja und dem Halsbande Brisingamen wieder.
Die Bezeichnung: Woud, Woudl kommt auch noch anderweit vor.
Bei den meisten jener wunderlich geformten Felsblöcke, deren wir beim Ka-
pitel über den Teufelsspuck Erwähnung thaten, geht nach der Sage auch der
„Woudl“ oder „Woutzl“ um. Wuotan identifizirt sich hier mit dem bösen
Feinde. Häufig reitet er auf einem grauen Schimmel. Der Woudl und sein
Pferd haben keinen Kopf. Im oberpfälzischen Juragebiete schreckt man die
weinenden Kinder mit den Worten: „Sei still, der Woutzl kommt!“ Um
Königstein lautet ein altes Wiegenlied:
" Schweig stillä g'schwind
Ma loibes Kind!
Da Woutzl kummt,
Und nimmt de mit.
Schweig stilla g’schwind
Und halt da Mäul,,
Er is scheu drass'n
Mit sein 'Gäul!
Dou, deu, deu, deu!
Wuotan hat die Herrschaft über den Wind. In der Oberpfalz bringt
man dem Winde noch eine Art Opfer. Um Neukirchen und Etzlwang heißt
es: „Dem Winde soll man drei Händlein voll Mehl hinausstreuen und da-
bei sprechen:
Wind oder Windin;,
Hier geb ich Dir das Deine,
Laß Du mir das Meine!
dann reißt er nichts zusammen. Das doppelte Geschlecht des Windes ge-
mahnt an Frigga. — Der Wirbelwind hinwider heißt dort: „Säudreck“.