Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

848 Schwaben u. Neuburg. 
oder Manchester, ohne Kette. Das Goller darüber ist zum Staat weiß von 
gesticktem Mousselin, sonst buntseiden, zur Trauer schwarz; darüber wird ein 
schwarzes großes Seidentuch nach hinten geschlungen. Zum Tanze und im 
Sommer, wenn man die Jacken und das Schlingtuch ablegt, haben die 
Mädchen schöne Hemden von feiner Leinwand unterm Goller, mit weiten, 
langen Aermeln, ein zierlicher, mit geknüpften Bändchen gesäumter Schulter- 
einsatz ist von Fältchen umgeben und am Halse prangen krause Spitzen; auch 
die Männerhemden sind zum Staat mit feinen Bändchen garnirt. Die 
Schürzen der Jungfrauen bei Tanz und Fest sind von weißem Mousselin mit 
blauseidnem Bindband; sonst von blauem oder violettem weißpunktirten Kat- 
tun; die Frauen haben ähnliche schwarze; die Schürze ist so lang wie der 
Rock und reicht hinten auf Handbreite zusammen. Die Ueberjacke, der 
„Schalk“, ist an hohen Festtagen von schwarzem Tuch mit langen glatten 
Aermeln, vorn offen, kurz in der Taille, der Halsrand und die Aermelauf- 
schläge mit Seidenband gesäumt; eine ähnliche Schleife hält sie über dem 
Mieder zusammen; die Werktagsschalke sind von schwarzem weißgeblümten 
Kattun. Die Schuhe trägt das Frauenvolk weit ausgeschnitten, dazu weiße 
Strümpfe; die heute durchweg von Mädchen und Frauen getragne Kopfbe= 
deckung ist die „Ohr= und Bändelkappe“. 
Ehedem trugen die Frauen werktäglich und die Mädchen zur Communion 
die Poggelhaube. Die ältere, echt schwäbische Sitte, das Haar zurückzu- 
streichen, verliert sich bei dem jüngeren Geschlecht für den Alltagsgebrauch: 
bezeichnend ist, daß sie zum festlichen Putz beibehalten bleibt. 
Dabei hat sich auch noch ein altehrwürdiges Jungfrauen-Abzeichen, mit 
welchem diese bei Hochzeiten und Kindtaufen erscheinen, im Werth erhal- 
ten: das „Haarbat“ und die „Zöpfe“; ersteres besteht in einem nicht ganz 
zollhohen Stirnreif von Pappe, mit rother Seide überzogen, mit weißen 
Glasperlen gitterartig bestickt, zwischen welchem Gegitter bunte Perlen ver- 
streut sind, vorn überdem mit drei großen Glassteinen, welche eine rothe 
Bandrose umschließen, geziert. Rechts und links vom Reife sind rothe Bän- 
der angebracht, ihn rückwärts um den Zopf zu befestigen. Die vordere 
Hälfte wird am Oberrand von einem Kränzchen gemachter Blumen und fri- 
schem Rosmarin garnirt. Die „Zöpfe“ sind ein dreiviertel Ellen langes 
Geflecht aus Flachs mit hochrothem Atlas überzogen, welches zwischen die 
natürlichen gleichfalls roth durchflochtnen Zöpfe in eignen Windungen kronen- 
artig nach dem Vorderkopf gelegt und unter dem Kinn festgebunden wird, 
indeß nach dem Nacken die Haargeflechte zwei Widderhörner bilden und aus 
diesem kunstreichen Bau alle Bänderenden lang und reich über den Rücken 
abfallen, ein eigenthümlich feierlicher, nicht unschsner Schmuck. Bräute tra- 
gen zu diesem „Haarbat" und „Zöpfen“ einen Gürtel von dunkeln Glas- 
steinen. 
Die geschilderte Männer= und Frauentracht hat in ihrer Gesammtheit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.