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Kost an der Mindel, aber bei den armen Webern und Kleinhäuslern eher
noch schlechter bestellt; Mehlspeisen erscheinen seltner, an Milch und Schmalz
wird gekargt: Wassersuppen aus schwarzem Mehl, gekochtes Brod, Erdäpfel
bilden die Regel, dazu kömmt manchmal eine derbe Mehlspeise, selten Kücheln
— diese sind Leckerbissen — die „Unter“ fallen ganz weg oder bestehen bei
strenger Feldarbeit nur aus trocknem Brod. Nicht besser als die Mindel-
thaler lebt das ärmere Volk im Donauried; schon bedeutend reichlicher die
Anwohner des Lech, und in den Thälern der Zusamm und Schmutter gestat-
ten die Verhältnisse den meisten Bewohnern eine ausgiebige gute Landmanns-
nahrung: Mehl, Milch und Schmalz werden nicht gespart, im Winter er-
scheint zu den gedünsteten und geschmorten Speisen Fleisch, besonders
Schweinefleisch häufig, im Sommer stehen gebackne Mehlspeisen selbst für
das Morgenessen auf dem Küchenzettel. Der Wirthshausbesuch ist auch hier
auf die Sonntage beschränkt.
Eigenthümlich ist wie im unteren Wertachland das Hügelland links vom
Fluß durch seine örtliche Beschaffenheit eine von der Nachbarschaft scharf un-
terschiedne ethnographische Gruppe bildet; die stark von kleinen Gewässern,
Moortiefen, Waldstücken und Gebüsch durchzogne Hochebne, westlich von der
Zusamm und Floßach, nördlich von der „Raischenau“", südlich von der Hü-
gelregion begränzt heißt im Volksmund „in den Stauden“ und während sich
die durchschnittlich wohlstehenden Bauern an der Wertach ihre ausgiebige
Bauernkost reichlich zukommen lassen, ist der Tisch der „Staudenleute“ desto
kärglicher bestellt und was Wassersuppen, eingekochtes Schwarzbrod, wenige
Mehlspeisen aus grobem Mehl und wenig Schmalz nicht geben können, das
sollen Weißbier und Branntwein ersetzen.
Achter Abschnitt.
Zar Ethnographie des Rieses.
Von Melchior Meyr.
Die Beschreibung eines Volksstammes, ja nur eines Bruchtheils, der
für sich eine Art Ganzes bildet, ist eine Aufgabe, die man nie für gelöst
erklären kann. Nicht etwa nur, weil derselbe in steter Aus= und Umbildung
begriffen ist, sondern weil die Lebensäußerungen eines so vielfach gegliederten
Ganzen nach allen Seiten hin unerschöpflich sind und besten Falls nur an-
nähernd beobachtet und abgespiegelt werden können. — Möge mich dieß ent-
schuldigen, wenn ich zur Schilderung auch der Bewohner des Rieses hier
nur einen Beitrag liefre! Was ich gebe, beruht indeß auf eigner Anschau-
ung und genauer Ermittelung, und es soll mein Bestreben sein, aus dem
gesammelten Material dennoch ein Bild zu gestalten.