108 Bayern.
2. Gesetz, die ständische Initiative betr., vom 4. Juni 1848.
Maximilian II., von Gottes Gnaden König von Bayern 2c.
Wir haben nach Vernehmung Unseres Staatsrathes und mit Bei-
rath und Zustimmung der Lieben und Getreuen, der Stände des Reichs
unter Beobachtung der im §& 7. Tit. X. der Verfassungs-Urkunde vor-
geschriebenen Formen, beschlossen und verordnen, was folgt:
Art. 1. Das Recht der Initiative für Gesetze, die keine Verfassungs-
Gesetze sind, steht jeder der beiden Kammern zu.
Art. 2. Das nach Tit. X. § 7. der Verfassungs-Urkunde, dem König
ausschließend zustehende Recht, Abänderungen in den Bestimmungen der
Verfassungs-Urkunde, oder Zusätze zu derselben in Vorschlag zu bringen
(Recht der Initiative), wird in Ansehung der in den Titeln IV. VII.
VIII. und X. 91—6. der Verfassungs-Urkunde enthaltenen Bestimmungen,
und der hierauf Bezug nehmenden Verfassungs-Beilagen und Gesetze
auch den Ständen des Reichs eingeräumt.
Art. 3. Das Recht, die Kammern in der von der Verfassung fest-
gesetzten Zeit zusammen zu berufen, dieselben zu eröffnen, und zu schließen,
dieselben zu verlängern, zu vertagen, oder die ganze Versammlung auf-
zulösen, bleibt jedoch der Krone nach den bisherigen Bestimmungen vor-
behalten.
Art. 4. Bezüglich der im Tit. Vl. der Verfassungs-Urkunde ent-
haltenen Bestimmungen, steht, soweit sie die Kammer der Reichsräthe
betreffen, dieser, soweit sie die Kammer der Abgeordneten betreffen,
der letztern das im Art. 2 bezeichnete Recht der Initiative ebenfalls zu.
Art. 5. Anträge zur Abänderung der im Art. 2 und 4 bezeichneten
Verfassungs-Gesetze sind sofort nach ihrer Einbringung einer vorläufigen
Verhandlung zu unterwerfen; wenn dieselben hienach nicht von der
Hälfte der anwesenden Mitglieder der betreffenden Kammer unterstützt
werden, so können sie zu keiner weiteren Berathung gelangen.
Im Fall der Unterstützung werden die Ausschüsse auf die doppelte
Zahl ihrer Mitglieder verstärkt.
Art. 6. Bei allen von den Kammern vorgeschlagenen Abänderungen
der Verfassungs-Urkunde oder Zusätzen zu derselben, den Beilagen und
Verfassungs-Gesetzen, ist in Zwischenräumen von wenigstens acht Tagen
eine dreimalige Berathung und Beschlußfassung in Gegenwart von drei
Viertheilen der bei der Versammlung anwesenden Mitglieder in jeder
Kammer und eine Mehrheit von zwei Dritttheilen der Stimmen er-
forderlich.
Art. 71). Dem König bleibt das Recht vorbehalten, Seine definitive
Entschließung über die also gefaßten Gesammtbeschlüsse auf ein Jahr zu
vertagen, um inzwischen die noch nothwendig erscheinenden Erhebungen
und Vernehmungen pflegen zu lassen.
1) Die Geschäftsordnung vom 19. Januar 1872 Art. 40 verlangt eine Entschließung
bis zum Landtagsabschiede.