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VI. Recht der Mitaufsicht auf die übrigen Landes-
angelegenheiten.
5 106. Die Ständeversammlung ist befugt, wegen bemerkter Mängel
oder Mißbräuche bei der Gesetzgebung, Rechtspflege und Verwaltung
der öffentlichen Angelegenheiten, Vorträge an die Landesregierung zu
richten, und sich über deren Abstellung gutachtlich zu äußern.
§s 107. Sie hat das Recht, darüber zu wachen, daß Niemand in
seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt, insonderheit ohne gesetz-
lichen Grund und ohne eine ordnungsmäßige Verfügung der competenten
Polizei= oder Gerichtsbehörde, verfolgt, verhaftet, bestraft oder sonst an
Freiheit oder Eigenthum gekränkt werde, und sie kann in einem solchen
Falle auf Abstellung der Beschwerde und auf Bestrafung der Schuldigen
bei der Landesregierung antragen.
VII. Recht der Anklage.
8108. 1. Antragauf Bestrafung. Die Ständeversammlung
kann auf Bestrafung der Mitglieder des Staatsministeriums und des
ständischen Ausschusses antragen, welche einer Verletzung der, auf den
vorliegenden Fall unzweifelhaft anwendbaren Bestimmungen dieses
Landesgrundgesetzes sich schuldig gemacht haben.
Ein solcher Antrag muß spätestens binnen sechs Jahren nach ein-
getretener Verletzung gemacht werden.
In Ansehung der dem Staatsministerium untergeordneten Be-
amten sind dergleichen Anträge von der Ständeversammlung nur dann
statthaft, wenn diese Beamten da, wo sie in den Gränzen eigener Ver-
antwortlichkeit handeln, die Verfassung verletzt zu haben beschuldigt
werden, und der Antrag auf Bestrafung bei den vorgesetzten Behörden
und zuletzt bei dem Staatsministerium angebracht und 8 Wochen lang
unbeachtet geblieben ist. In diesem Falle wird der Antrag auf Be-
strafung bei dem Landesgerichte gemacht, welches die Untersuchung
durch zwei seiner Mitglieder zu führen und das erste Erkenntniß abzu-
geben hat, gegen welches die ordnungsmäßigen Rechtsmittel zulässig sind.
§ 109 1). 2. Bildung eines gemeinschaftlichen
Gerichtshofes. Soll aber ein Antrag auf Bestrafung eines Mit-
gliedes des Staatsministeriums oder des ständischen Ausschusses wegen
7!) S. hierzu die modifizierenden Vorschriften des Gesetzes vom 19. März 1850:
5 2. Der nach § 109 zu bildende gemeinschaftliche Gerichtshof soll auch für die in
dem dritten Absatze des § 108 bezeichneten Fälle eintreten.
Derselbe soll bestehen aus sieben Mitgliedern des Obergerichts, von denen drei durch
das Loos, zwei von der Landesregierung und zwei von der Versammlung der Abgeordneten
des Landes gewählt werden. Den Vorsitz übernimmt das älteste der so gewählten Mit-
glieder. Die erforderlichen Secretarien ordnet das Obergericht bei.
Die drei durch das Loos zu bestimmenden Mitglieder werden zuerst, hienächst die von
den Abgeordneten, zuletzt die von der Landesregierung zu bestimmenden Mitglieder erwählt.
Der Gerichtshof wird in Fällen der Anklage nach den in § 110 des Landesgrund-
gesetzes gegebenen Vorschriften verfahren.
, § 3. Die Vorschriften der z5 104, 108, 109, 110 und 231 des Landesgrundgesetzes,
insofern sie den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes widerstreiten, werden hier-
durch aufgehoben.