182 Hamburg.
schaft auf den Grund der Verfassung oder eines Gesetzes behauptetes
Recht, oder die Frage, ob ein Mitglied des Senats oder der Behörden
wegen Verletzung der Verfassung oder eines in anerkannter Gültigkeit
stehenden Gesetzes zur gerichtlichen Verantwortung zu ziehen sei, so ist
die Streitfrage durch das Reichsgericht zu entscheiden, und ist sowohl
der Senat als auch die Bürgerschaft berechtigt zu verlangen, daß diese
Entscheidung eintrete 1).
2. Betrifft die Meinungsverschiedenheit einen anderen Gegen-
stand, bei welchem die gemeinschaftliche Beschlußnahme des Senats und
der Bürgerschaft erforderlich ist, so bleibt die Sache bis zu einer gegen-
seitigen Verständigung unerledigt. Stimmen aber beide Teile darin
überein, daß die Entscheidung ohne wesentlichen Nachteil für das Ge-
meinwesen nicht ausgesetzt werden dürfe, während sie sich nur über die
Modalität derselben nicht verständigen können, so ist die Sache durch den
Ausspruch der in den folgenden Artikeln näher bezeichneten Entscheidungs-
deputation zu erledigen.
Handelt es sich dabei um die Prolongation oder Erneuerung eines
nur auf eine bestimmte Zeit bewilligten Gesetzes, und ist vor Ablauf
dieser Zeit die Einsetzung einer Entscheidungsdeputation beschlossen, so
ist das Gesetz als bis zu der erfolgenden Entscheidung prolongiert an-
zusehen.
Eine Abänderung der Verfassung oder solcher gesetzlicher Bestim-
mungen, durch welche Rechte des Senats oder der Bürgerschaft fest-
gestellt worden sind, darf niemals durch den Ausspruch einer Ent-
scheidungsdeputation herbeigeführt werden.
Art. 72. Die Entscheidungsdeputation besteht aus einer gleichen
Anzahl von Mitgliedern des Senats und der Bürgerschaft, und zwar
in der Regel aus sechzehn Mitgliedern, acht von jeder Seite. Mit beider-
seitiger Zustimmung kann diese Zahl vermehrt oder vermindert werden.
Die Mitglieder des Senats werden durch das Los bestimmt. Das-
selbe wird unter allen in Hamburg anwesenden Mitgliedern des Senats
gezogen.
Die Mitglieder der Bürgerschaft werden in folgender Weise bestimmt:
Sämtliche anwesende Mitglieder der Bürgerschaft werden durch das
Los in so viele Abteilungen von möglichst gleicher Anzahl geteilt, als
bürgerschaftliche Mitglieder für die Deputation zu wählen sind. Jede
dieser Abteilungen wählt durch Stimmzettel aus ihrer Mitte mit ab-
soluter Stimmenmehrheit ein Mitglied für die Deputation. Ist eine
etwa vorhandene Stimmengleichheit durch eine abermalige Abstimmung
nicht zu beseitigen, so entscheidet das Los.
Die Bildung der Entscheidungsdeputation erfolgt in einer vom
Senate anzusetzenden gemeinschaftlichen Sitzung des Senats und der
Bürgerschaft und zwar wird das Los, um die Mitglieder des Senats
für die Deputation zu bestimmen, durch die jüngsten Mitglieder des
Bürgerausschusses, und das Los für die in der Bürgerschaft zu bildenden
Wahlabteilungen durch die jüngsten Mitglieder des Senats gezogen.
1) S. hierzu das Reichsgesetz vom 14. März 1881.