Hessen. 201
Art. 95. Die Kammern haben, außer in den besonders aus-
genommenen Fällen, keine Berathungen mit einander zu pflegen, sondern
nur ihre gefaßten Beschlüsse sich gegenseitig mitzutheilen.
Jedem Ausschusse der einen Kammer aber ist es erlaubt, sich mit
dem entsprechenden Ausschusse der andern Kammer in dem Falle zu
benehmen, wenn der Gegenstand zur Berathung beider Kammern, ent-
weder durch einen Antrag der Staatsregierung oder durch Mittheilung
des Beschlusses der andern Kammer gebracht worden ist.
Art. 96. Die Stände können mit keiner andern Behörde, außer
mit dem Geheimen Staats-Ministerium und den ernannten Landtags-
Commissarien, in Benehmen treten.
Die Ausschüsse haben sich mit den Mitgliedern des Geheimen Staats-
Ministeriums und den ernannten Landtags-Commissarien zu benehmen,
um die erforderlichen Nachrichten zu erhalten, oder um zu einer Aus-
gleichung etwaiger abweichender Ansichten zu gelangen.
Art. 97. Alle Beschlüsse der einen Kammer mühssen der andern
zu gleichmäßiger Berathung mitgetheilt werden, wenn sie nicht solche
Gegenstände betreffen, worüber verfassungsmäßig ein Beschluß der einen
Kammer, unabhängig von dem der andern, zur Wirksamkeit gelangen kann.
Art. 98 10. Die gemeinschaftlichen Beschlüsse der Kammern werden
dem Großherzoge, oder dem von Ihm dazu bestimmten Commissar, durch
eine gemeinschaftliche Deputation überreicht.
Art. 99. Die Kammern haben ihre Verhandlungen, insofern sie
sich nicht über vertrauliche Eröffnungen der Regierung, oder der andern
Kammer oder an solche erstrecken, durch den Druck bekannt zu machen.
Art. 100 1)2). Unter derselben Voraussetzung haben sie auch das
Recht, eine bestimmte Anzahl von Zuhörern, nach den darüber bestehenden
oder künftig zu treffenden reglementarischen Bestimmungen zuzulassen.
. Art. 101. Der Landtag wird von dem Großherzoge, entweder in
eigener Person, oder durch einen dazu besonders beauftragten Commissär,
geschlossen und arsdann der den Ständen schon vorher mitgetheilte Land-
tags-Abschied, durch den Großherzog verkündet.
Titel K.
Allgemeine Bestimmungen.
Art. 102. Der Fiscus steht in allen privatrechtlichen Verhältnissen
vor den Gerichten.
Art. 103. Für das ganze Großherzogthum ist ein bürgerliches
Gesetzbuch, ein Strafgesetzbuch, und ein Gesetzbuch über das Verfahren
in Rechtssachen eingeführt worden.
Art. 104. Ausschließliche Handels= und Gewerbs-Privilegien sollen
nicht Statt finden, ausser zu Folge eines besonderen Gesetzes.
Vgl. Anmerkung zu Art. 76.
Art. 99 und 100 waren durch Gesetz vom 10. Oktober 1849 (Art. 24) abgeändert
worden, das seinerseits durch die Geschäftsordnung vom 8. September 1856 aufgehoben
rde.