Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

240 Oldenburg. 
II. Abschnitt. 
Von den staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten im Allgemeinen. 
Art. 30. Das Recht eines Oldenburgischen Staatsbürgers (Staats- 
angehörigkeit) und das damit verbundene Ortsbürgerrecht (Gemeinde- 
angehörigkeit) wird erworben und verloren nach den näheren Be- 
stimmungen der Gesetze. 
Art. 31. §& 1. Vor dem Gesetze sind Alle gleich. Geburts= und 
Standesvorrechte finden nicht Statt. 
##2. Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigte, unter Er- 
füllung der von dem Gesetze festgestellten Bedingungen, gleich zu- 
gänglich. 
§* 3. Die Wehrpflicht ist für Alle gleich; die gesetzlich bestehenden 
Befreiungsgründe sind möglichst einzuschränken. 
Die Gesetzgebung wird die Wehrpflicht auf Grund der vorstehenden 
Bestimmungen regeln. Bis dahin bleiben die bisherigen Gesetze in 
raft. 
Art. 32. Jeder Staatsbürger hat volle Glaubens= und Gewissens- 
freiheit. 
Art. 33. §& 1. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß 
der bürgerlichen, so wie der staats= und gemeindebürgerlichen Rechte 
weder bedingt noch beschränkt. 
§ 2. In den staats= und gemeinde-bürgerlichen Pflichten begründet 
dasselbe keinen Unterschied und darf es solchen Pflichten keinen Ab- 
bruch thun. 
8 3. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. 
Für jede staatsgesetzlich zulässige Ehe hat das Gesetz eine gültige 
Form der bürgerlichen Eingehung (Civilehe) zu gewähren. 
Art. 34. § 1. Die Wahl des Glaubensbekenntnisses ist nach zurück- 
gelegtem 14. Lebensjahre der eigenen freien Ueberzeugung eines Jeden 
überlassen. 
#§# 2. In welcher Religion die Kinder erzogen werden sollen, haben 
lediglich diejenigen zu bestimmen, denen nach bürgerlichen Gesetzen 
die Erziehungsrechte zustehen. 
Letzteres gilt insbesondere auch von der Erziehung der Kinder aus 
gemischten Ehen. 
3. Die näheren Bestimmungen darüber, wie es mit der religiösen 
Erziehung der Kinder nach dem Tode der Eltern zu halten ist, bleiben 
der Gesetzgebung vorbehalten. 
Art. 35. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlich= 
keit gezwungen werden. 
Vorschriften über Beobachtung kirchlicher Ruhetage bleiben der 
Gesetzgebung überlassen. 
Art. 36. Jeder Staatsbürger ist unbeschränkt in der gemeinsamen 
häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion und deren Gebräuche. 
Gesetzübertretungen, welche bei Uebung der Religion und ihrer 
Gebräuche begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen.
	        
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