Preußen. 277
Art. 48. Der König hat das Recht, Krieg zu erklären und Frieden
zu schließen, auch andere Verträge mit fremden Regierungen zu errichten.
Letztere bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern,
sofern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem Staate Lasten
oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt werden.
Art. 49. Der König hat das Recht der Begnadigung und Straf-
milderung.
Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten
Ministers kann dieses Recht nur auf Antrag derjenigen Kammer aus-
geübt werden, von welcher die Anklage ausgegangen ist.
Der König kann bereits eingeleitete Untersuchungen nur auf Grund
eines besonderen Gesetzes niederschlagen.
Art. 50. Dem Könige steht die Verleihung von Orden und anderen
mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu.
Er übt das Münzrecht nach Maaßgabe des Gesetzes.
Art. 51. Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen.
Er kann sie entweder beide zugleich oder auch nur eine auflösen. Es
müssen aber in einem solchen Falle innerhalb eines Zeitraums von sechszig
Tagen nach der Auflösung die Wähler und innerhalb eines Zeitraums von
neunzig Tagen nach der Auflösung die Kammern versammelt werden.
Art. 52. Der König kann die Kammern vertagen. Ohne deren
Zustimmung darf diese Vertagung die Frist von dreißig Tagen nicht
übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.
Art. 53. Die Krone ist, den Königlichen Hausgesetzen gemäß,
erblich in dem Mannsstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte
der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge.
Art. 54. Der König wird mit Vollendung des achtzehnten Lebens-
jahres volljährig.
Er leistet in Gegenwart der vereinigten Kammern das eidliche Ge-
löbniß, die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten
und in Uebereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren.
Art. 55. Ohne Einwilligung beider Kammern kann der König
nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein.
Art. 56. Wenn der König minderjährig oder sonst dauernd ver-
hindert ist, selbst zu regieren, so übernimmt derjenige volljährige Agnat
(Art. 53), welcher der Krone am nächsten steht, die Regentschaft.
hat sofort die Kammern zu berufen, die in vereinigter Sitzung über die
Nothwendigkeit der Regentschaft beschließen. ç
Art. 57. Itt kein volljähriger Agnat vorhanden und nicht bereits
vorher gesetzliche Fürsorge für diesen Fall getroffen, so hat das Staats-
ministerium die Kammern zu berufen, welche in vereinigter Sitzung
einen Regenten erwählen. Bis zum Antritt der Regentschaft von Seiten
desselben führt das Staatsministerium die Regierung.
Art. 58. Der Regent übt die dem Könige zustehende Gewalt in
dessen Namen aus. Derselbe schwört nach Einrichtung der Regentschaft
vor den vereinigten Kammern einen Eid, die Verfassung des König-
reichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit
derselben und den Gesetzen zu regieren.