Preußen. 283
Art. 2. Bei Verbrechen erfolgt die Entscheidung über die Schuld
des Angeklagten durch Geschworene, insoweit ein mit vorheriger Zu-
stimmung der Kammern erlassenes Gesetz nicht Ausnahmen bestimmt.
Die Bildung des Geschworenengerichts regelt das Gesetz.
Art. 3. Es kann durch ein mit vorheriger Zustimmung der Kammern
zu erlassendes Gesetz ein besonderer Gerichtshof errichtet werden, dessen
Zuständigkeit die Verbrechen des Hochverraths und diejenigen Ver-
brechen gegen die innere und äußere Sicherheit des Staats, welche ihm
durch das Gesetz überwiesen werden, begreift.
Art. 96. Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden
wird durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenzkonflikte zwischen den
Verwaltungs= und Gerichtsbehörden entscheidet ein durch das Gesetz
bezeichneter Gerichtshof.
Art. 97. Die Bedingungen, unter welchen öffentliche Civil= und
Militairbeamte wegen durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse ver-
übter Rechtsverletzungen gerichtlich in Anspruch genommen werden können,
bestimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung der vorgesetzten
Dienstbehörde darf jedoch nicht verlangt werden.
Titel VII.
Von den nicht zum Richterstande gehörigen Staatsbeamten.
Art. 98. Die besonderen Rechtsverhältnisse der nicht zum Richter-
stande gehörigen Staatsbeamten, einschließlich der Staatsanwälte, sollen
durch ein Gesetz geregelt werden, welches, ohne die Regierung in der
Wahl der ausführenden Organe zweckwidrig zu beschränken, den Staats-
beamten gegen willkürliche Entziehung von Amt und Einkommen an-
gemessenen Schutz gewährt.
Titel VIII.
Von den Finanzen.
Art. 99. Alle Einnahmen und Ausgaben des Staats müssen für
jedes Jahr im Voraus veranschlagt und auf den Staatshaushalts-Etat
gebracht werden.
Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.
Art. 100. Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur,
so weit sie in den Staatshaushalts-Etat ausgenommen oder durch be-
sondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.
Art. 101. In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht
eingeführt werden. *
Die bestehende Steuergesetzgebung wird einer Revision unterworfen
und dabei jede Bevorzugung abgeschafft.
Art. 102. Gebühren können Staats= oder Kommunalbeamte nur
auf Grund des Gesetzes erheben.
Art. 103. Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet
nur auf Grund eines Gesetzes statt. Dasselbe gilt von der Uebernahme
von Garantieen zu Lasten des Staats.