294 Reuß ä. L.
Unberührt bleiben die reichs= oder landesrechtlichen Bestimmungen,
nach welchen der Staat oder eine Gemeinde für den von seinen bzw.
ihren Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt
zugefügten Schaden nur aushilfsweise oder wie ein Bürge haftet.
Die Confiscation kann nur rücksichtlich einzelner Sachen,
di als Gegenstand oder Werkzeug eines Vergehens gedient haben, Statt
inden.
s 44. Moratorien (Zahlungsgestundungen) dürfen von Staatswegen
nicht ertheilt werden.
. Der Landesherr hat in Strafrechtsfällen das Recht der
Abolition (Niederschlagung des Prozesses) so wie der Verwandlung,
Minderung und des Erlasses der Strafe, kann aber zuerkannte Strafen
nicht schärfen.
VI. Abschnitt.
Von den kirchlichen Verhältnissen, von den Schulen und milden
Stiftungen.
§46. Jeder Staatsangehörige ist unbeschränkt in der häuslichen
Uebung seiner Religion. Nur den anerkannten christlichen Confessionen
steht die freie öffentliche Religionsübung zu. Die evangelisch-lutherische
Kirche ist die Landeskirche.
5s 47. Die GElieder der christlichen Confessionen genießen gleiche
bürgerliche und politische Rechte. Andere Glaubensgenossen haben an
den staatsbürgerlichen Rechten nur in dem Maße Antheil, wie ihnen
derselbe zeither zugestanden worden ist oder künftig gesetzlich zugestanden
werden wird.
§5 48. Dem Landesherrn stehen die in der Kirchenverfassung be-
gründeten Episcopalrechte über die Landeskirche zu. Er übt die Staats-
gewalt über die Kirchen, die Aufsicht und das Schutzrecht über die-
selben aus.
#s 49. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
überall genügend gesorgt werden. Eltern und deren Stellvertreter dürfen
ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den für die untern Volks-
schulen vorgeschriebenen Unterricht lassen.
Das ganze Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter der Ober=
aufsicht der geistlichen Oberbehörde-
50. Die kirchlichen und Schulbeamten sind in ihren bürgerlichen
Beziehungen und Handlungen den Gesetzen des Staats unterworfen.
Beschwerden über deren Amtsführung (disziplinarische Vergehungen)
sind durch die kirchliche Oberbehörde zu erledigen. Auf Klage wegen
Ueberschreitung der geistlichen Amtsbefugnisse hat dieselbe Behörde nach
vorgängiger Erörterung entsprechende Verfügung zu treffen. Wird
letztere für unzureichend erachtet, so kann die Beschwerde an den Landes-
herrn gebracht werden.
#ml51. Alle milden Stiftungen ohne Ausnahme, sie mögen für den
Cultus (gottesdienstliche Anstalten), den Unterricht oder die Wohlthätig-
keit bestimmt sein, stehen unter dem besonderen Schutze des Staats,
und das Vermögen oder Einkommen derselben darf unter keinem Vor-