Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Reuß ä. L. 299 
wenigstens noch während der laufenden Sitzungsperiode in Berathung 
gezogen werden. 
Der Landesherr kann die von ihm an den Landtag gebrachten Gegen- 
stände während desselben wieder zurücknehmen und abgeändert ander- 
weit vorlegen lassen. In unveränderter Fassung kann die zurückgenommene 
Vorlage nur einem späteren Landtage wieder vorgelegt werden. 
570. Die direkten und indirekten Landesabgaben dürfen ohne Be- 
willigung der Landesvertretung, mit Ausnahme des in § 72 angegebenen 
Falles, nicht ausgeschrieben und erhoben werden; eine Veränderung der 
bestehenden Abgaben ist, so weit solche nicht zu Folge bereits erlassener 
Gesetze einzutreten hat, nur mit Zustimmung der Landesvertretung 
zulässig. 
Die Landesvertretung ist verpflichtet, für Aufbringung des ordent- 
lichen und außerordentlichen Landesbedarfs durch Bewilligung der hierzu 
erforderlichen Mittel zu sorgen. Dagegen steht ihr die Befugniß zu, die 
Nothwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Höhe der Ansätze zu prüfen, deß- 
halb Erinnerungen zu stellen und über die Art der Deckung, über die 
Umlegung und Vertheilung der Abgaben, über ihre Dauer und über die 
Einhebungsweise sich zu entschließen. 
Zu diesem Behufe wird der Landesvertretung auf jedem ordent- 
lichen Landtage eine genaue Uebersicht der in den vorhergegangenen 
drei Jahren stattgefundenen Einnahmen und Ausgaben und ein Vor- 
anschlag des Bedarfs für die nächstfolgenden drei Jahre nebst den Vor- 
schlägen zur Deckung möglichst bald nach Eröffnung des Landtags mit- 
getheilt und von der Landesregierung die nöthige Erläuterung unter 
Vorlegung der Rechnungen und Belege gegeben. 
&* 71. Die Rechnungen für die dem Landtage vorhergegangenen 
drei Jahre sind von demselben mit Rücksicht auf den bezüglichen Vor- 
anschlag genau zu prüfen und nach dem Ergebnisse der von ihm unter 
Mitwirkung der Landesregierung vorzunehmenden Erörterung durch 
letztere zu justificiren. 
Der Voranschlag für die folgenden drei Jahre ist nach Maßgabe 
der deßfallsigen Verhandlungen der Landesregierung mit dem Landtage 
mittelst landesherrlicher Genehmigung festzustellen. 
Anträge auf Verminderung der für den Staatsbedarf geforderten 
Summen können nur dann Berücksichtigung finden, wenn die Gründe 
dafür bestimmt und ausführlich angegeben werden, mit Nachweisung 
der Art, auf welche eine Ersparniß ohne Hintansetzung des Wohls des 
Landes gemacht werden kann. Auch darf die Bewilligung der Deckungs= 
mittel nicht an Bedingungen geknüpft werden, welche nicht diese selbst 
oder deren Verwendung betreffen. 
Die Bewilligung wird nur dann als abgelehnt betrachtet, wenn unter 
den angegebenen Voraussetzungen wenigstens zwei Drittheile der an- 
wesenden Abgeordneten für die Ablehnung gestimmt haben. 
§5# 72. Wird die Ablehnung oder Minderung beantragter Be- 
willigungen von der Regierung für gänzlich unvereinbar mit dem Inter- 
esse des Landes befunden, auch bei wiederholter Verhandlung mit dem 
Landtage eine Vereinbarung nicht erreicht, so steht dem Landesherrn
	        
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