Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

13. Fürstentum Reuß j. L. 
De am 10. Oktober 1848 vorgenommene Regierungsverzicht Hein- 
richs LXX II. vereinigte die bisher zersplitterten Besitzungen der 
jüngeren Linie des Hauses Reuß zu einem einheitlichen Territorium 
ihres gegenwärtigen Umfanges. — Mit dem im selben Jahre einberufenen 
konstituierenden Landtag wurde das „Staatsgrundgesetz“ vom 30. No- 
vember 1849 vereinbart, kraft dessen der Volksvertretung eine ent- 
scheidende Stimme bei der Besteuerung, bei der Ordnung des Staats- 
haushaltes und bei der Gesetzgebung zukam, zugleich wurde dem Landtag 
das Recht der Initiative, der Beschwerde und der Ministeranklage ein- 
geräumt. Schon der am 10. November 1851 eröffnete erste ordent- 
liche Landtag unterzog den öffentlichen Rechtszustand des Landes einer 
eingehenden Revision, als deren legislatives Ergebnis sich das „Revi- 
dirte Staatsgrundgesetz für das Fürstenthum Reuß jüngerer Linie vom 
14. April 1852" darstellt. Nach dem Tode Heinrichs LXII. am 19. Juni 
1854 ging die Regierung auf seinen Bruder Heinrich LXVII. über, der 
den Landtag vom 21. Februar 1856 mit der Erklärung eröffnen ließ, 
daß er das Staatsgrundgesetz vom 14. April 1852 in seinem ganzen 
Inhalte nicht bestätigen werde. In der eingeleiteten neuen Verfassungs- 
beratung wurden zahlreiche doktrinäre Bestimmungen des ältern Gesetzes 
eliminiert und sodann durch das Gesetz vom 20. Juni 1856 ersetzt. Die 
Reformen dieses Gesetzes sind nach ausdrücklicher Verfügung des Gesetz- 
gebers bestimmt, „an die Stelle der gleichbezeichneten Paragraphen 
des Verfassungsgesetzes zu treten“. In diesem Sinne lassen wir denn 
auch das Staatsgrundgesetz mit dem revidierten Texte folgen. — An 
weiteren Anderungen erfuhr insbesondere die Immunität der Ab- 
geordneten eine ebensosehr praktisch wie prinzipiell bedeutungsvolle 
Erweiterung. Während nämlich Al. 2 des § 93 früher lautete: „Kein 
Abgeordneter darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung in 
der Landtagsversammlung oder wegen der bei Ausübung seines Berufs 
getanen Aeußerungen gerichtlich verfolgt oder sonst außerhalb der Ver- 
sammlung zur Verantwortung gezogen werden, wenn nicht der vor- 
gekommene Fall das rechtliche Kennzeichen einer Injurie, Verleumdung 
oder eines in den Gesetzen mit Strafe bedrohten sonstigen Vergehens
	        
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