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erforderlichen öffentlichen Abgaben, über ihren Betrag, ihre Art und
Erhebungsweise einverstanden, so werden diese Abgaben als von der
Volksvertretung genehmigte, mittelst Fürstlichen Patents ausgeschrieben
und bekannt gemacht.
g 60. Ueber die Verwendung der bewilligten Steuern und Ab—
gaben, sowie der gesammten Staatseinnahmen wird alljährlich voll-
ständige Rechnung abgelegt.
Der Volksvertretung steht das Recht zu, die Rechnungen über die
aus der Landeskasse bestrittenen Staatsbedürfnisse zu prüfen und über
die darin bemerkten Anstände Auskunft zu fordern.
S. die §§ 98, 99, 100 und 101 über den Landtagsausschuß.
Ansätze für Ehrengeschenke und andere ähnliche Ausgaben können
nur insofern vorkommen, als eine schriftliche, von dem verantwortlichen
Ministerialvorstande und den anderen Mitgliedern des Ministeriums
mitunterzeichnete Versicherung des Fürsten bezeugt, daß die Verwendung
zum wahren Besten des Landes Statt gefunden habe oder Statt finden
werde. Zu Vermeidung von Weiterungen ist die erfolgte Ausgabe dem
Landtagsausschusse zur Kenntnißnahme mitzutheilen 1).
61. Die gesammte Landesschuld ist unter die Gewährleistung der
Volksvertretung gestellt.
Zur Aufnahme neuer Landesschulden und zur Kreirung von Kassen-
scheinen ist die Zustimmung der Volksvertretung erforderlich.
Bei Schuldurkunden, welche der Staat ausstellt, ist die Mitunter-
zeichnung durch den Landtagsausschuß nothwendig — § 995b —.
Als neue Landesschulden sind nicht zu betrachten diejenigen Vor-
schüsse, welche behufs einer Tilgung von früheren Landesschulden auf-
genommen werden, ebensowenig die Ausstellung neuer Schuldurkunden
an die Stelle älterer Obligationen — Konvertirung —.
62. In außerordentlichen Fällen, z. B. in Kriegszeiten, in der
Nothwendigkeit schleuniger Erfüllung der Bundespflichten, wo die Staats-
bedürfnisse weder durch die ordentlichen noch durch außerordentliche Bei-
träge der Staatsangehörigen, ohne deren zu große Belastung bestritten
werden können, die Einberufung des Landtages aber nicht sofort aus-
führbar erscheint, kann das Ministerium die erforderlichen Summen unter
seiner Verantwortung und unter der Verpflichtung, über die Nothwendig-
keit und Verwendung derselben gegen den nächst zusammentretenden
Landtag sich auszuweisen, aufnehmen.
Siebenter Abschnitt.
Gesetzgebung.
663. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den
Fürsten und die Landesvertretung ausgeübt.
Die Uebereinstimmung des Fürsten und des Landtags ist zu jedem
Gesetze erforderlich.
1) Die Einschiebung der Al. 3 l(eigentlich Al. 4) erfolgte mittels der landes-
herrlichen Verordnung, die veränderte Fassung und Vervollständigung mehrerer Ver-
fassungsbestimmungen betreffend, vom 15. März 1860.