Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

312 Reuß j. L. 
erforderlichen öffentlichen Abgaben, über ihren Betrag, ihre Art und 
Erhebungsweise einverstanden, so werden diese Abgaben als von der 
Volksvertretung genehmigte, mittelst Fürstlichen Patents ausgeschrieben 
und bekannt gemacht. 
g 60. Ueber die Verwendung der bewilligten Steuern und Ab— 
gaben, sowie der gesammten Staatseinnahmen wird alljährlich voll- 
ständige Rechnung abgelegt. 
Der Volksvertretung steht das Recht zu, die Rechnungen über die 
aus der Landeskasse bestrittenen Staatsbedürfnisse zu prüfen und über 
die darin bemerkten Anstände Auskunft zu fordern. 
S. die §§ 98, 99, 100 und 101 über den Landtagsausschuß. 
Ansätze für Ehrengeschenke und andere ähnliche Ausgaben können 
nur insofern vorkommen, als eine schriftliche, von dem verantwortlichen 
Ministerialvorstande und den anderen Mitgliedern des Ministeriums 
mitunterzeichnete Versicherung des Fürsten bezeugt, daß die Verwendung 
zum wahren Besten des Landes Statt gefunden habe oder Statt finden 
werde. Zu Vermeidung von Weiterungen ist die erfolgte Ausgabe dem 
Landtagsausschusse zur Kenntnißnahme mitzutheilen 1). 
61. Die gesammte Landesschuld ist unter die Gewährleistung der 
Volksvertretung gestellt. 
Zur Aufnahme neuer Landesschulden und zur Kreirung von Kassen- 
scheinen ist die Zustimmung der Volksvertretung erforderlich. 
Bei Schuldurkunden, welche der Staat ausstellt, ist die Mitunter- 
zeichnung durch den Landtagsausschuß nothwendig — § 995b —. 
Als neue Landesschulden sind nicht zu betrachten diejenigen Vor- 
schüsse, welche behufs einer Tilgung von früheren Landesschulden auf- 
genommen werden, ebensowenig die Ausstellung neuer Schuldurkunden 
an die Stelle älterer Obligationen — Konvertirung —. 
62. In außerordentlichen Fällen, z. B. in Kriegszeiten, in der 
Nothwendigkeit schleuniger Erfüllung der Bundespflichten, wo die Staats- 
bedürfnisse weder durch die ordentlichen noch durch außerordentliche Bei- 
träge der Staatsangehörigen, ohne deren zu große Belastung bestritten 
werden können, die Einberufung des Landtages aber nicht sofort aus- 
führbar erscheint, kann das Ministerium die erforderlichen Summen unter 
seiner Verantwortung und unter der Verpflichtung, über die Nothwendig- 
keit und Verwendung derselben gegen den nächst zusammentretenden 
Landtag sich auszuweisen, aufnehmen. 
Siebenter Abschnitt. 
Gesetzgebung. 
663. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den 
Fürsten und die Landesvertretung ausgeübt. 
Die Uebereinstimmung des Fürsten und des Landtags ist zu jedem 
Gesetze erforderlich. 
1) Die Einschiebung der Al. 3 l(eigentlich Al. 4) erfolgte mittels der landes- 
herrlichen Verordnung, die veränderte Fassung und Vervollständigung mehrerer Ver- 
fassungsbestimmungen betreffend, vom 15. März 1860.
	        
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