Deutsches Reich. 23
Art. 64. Alle Deutsche Truppen sind verpflichtet, den Befehlen
des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den
Fahneneid aufzunehmen.
Der Höchstkommandirende eines Kontingents, sowie alle Offiziere,
welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungs-
kommandanten werden von dem Kaiser ernannt. Die von Demselben
ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei Generalen und
den Generalstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents
ist die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Kaisers ab-
hängig zu machen. çl
Der Kaiser ist berechtigt, Behufs Versetzung mit oder ohne Be-
förderung für die von Ihm im Reichsdienste, sei es im Preußischen
Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden Stellen aus den
Offizieren aller Kontingente des Reichsheeres zu wählen.
Art. 65. Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes
anzulegen, steht dem Kaiser zu, welcher die Bewilligung der dazu er-
forderlichen Mittel, soweit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Ab-
schnitt XII. beantragt.
Art. 66. Wo nicht besondere Konventionen ein Anderes bestimmen,
ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate die Offiziere
ihrer Kontingente, mit der Einschränkung des Artikel 64. Sie sind
Thefs aller ihren Gebieten angehörenden Truppentheile und genießen
die damit verbundenen Ehren. Sie haben namentlich das Recht der
Inspizirung zu jeder Zeit und erhalten, außer den regelmäßigen
Rapporten und Meldungen über vorkommende Veränderungen, Be-
hufs der nöthigen landesherrlichen Publikation, rechtzeitige Mittheilung
von den die betreffenden Truppentheile berührenden Avancements
und Ernennungen.
Aunrch steht ihnen das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht blos
ihre eigenen Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppen-
theile des Reichsheeres, welche in ihren Ländergebieten dislocirt sind,
zu requiriren.
Art. 67. Ersparnisse an dem Militair-Etat fallen unter keinen Um-
ständen einer einzelnen Regierung, sondern jederzeit der Reichskasse zu.
Art. 68. Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem
Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand
erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Ver-
kündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichs-
gesetzes. gelten dafür die Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom
4. Juni 1851 (Gesetz-Samml. für 1851 S. 451 ff.).
Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt.
Die in diesem Abschnitt enthaltenen Vorschriften kommen in Bayern
nach näherer Bestimmung des Bündnißvertrages vom 23. November 1870
(Bundesgesetzbl. 1871 S. 9) unter III. & 5, in Württemberg nach näherer
Bestimmung der Militairkonvention vom 21./25. November 1870 (Bundes-
gesetzbl. 1870 S. 658) zur Anwendung.