Sachsen. 345
8 145. Das Gericht versammelt sich auf Einberufung durch den
Präsidenten, welche von diesem sogleich geschehen muß, wenn er dazu
einen von dem Vorstande des Justiz-Ministerii contrasignirten Befehl
des Königs, oder eine von den Präsidenten beider Kammern unter-
zeichnete Aufforderung, mit Angabe des Gegenstandes, erhält.
Die Function des Gerichts hört auf, wenn der Proceß geendigt ist.
Der Präsident hat für die Vollziehung der Beschlüsse zu sorgen
und im Falle eines Anstands das Gericht wieder zu versammeln.
Versammlung
des Staats-
gerichtshofs.
z 146. Der Präsident bestellt, zu Leitung der vom Staatsgerichts= e-
hofe zu führenden Untersuchung, ein vom Könige ernanntes und ein
rechtskundiges von den Ständen gewähltes Mitglied.
Zu jeder hauptsächlichen Entscheidung werden von sämmtlichen Mit-
gliedern, mit Einschluß des Präsidenten, nach Stimmenmehrheit zwei
Referenten gewählt.
Ist der erste Referent ein vom Könige ernanntes Mitglied, so muß
der Correferent ein von den Ständen gewähltes seyn, und umgekehrt.
Im Falle der Stimmengleichheit bei dieser Wahl entscheidet die Stimme
des Präsidenten.
5 147. Bei jedem Beschlusse muß eine gleiche Anzahl vom Könige
bestellter und von den Ständen gewählter Mitglieder anwesend seyn.
Sollte durch Zufall eine Ungleichheit der Zahl eintreten, welche
nicht sogleich durch anderweite Ernennung oder durch Eintritt eines
Stellvertreters gehoben werden kann, so tritt das letzte Mitglied von
der überzählenden Seite aus; doch darf die Zahl der Richter nie unter
zehn seyn.
Dem Präsidenten steht außer den § 146 und 153 bemerkten Fällen,
keine Stimme zu.
Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die für den Angeklagten
günstigere Meinung.
Die Acten des Staatsgerichtshofs werden durch den Druck bekannt
gemacht.
5 148. Das Strafbefugniß des Staatsgerichtshofs erstreckt sich nur
st uusdrückiiche Mißbilligung des Verfahrens oder Entfernung vom
mte.
Wenn selbiger die in seiner Competenz liegende Strafe erkannt hat,
ohne eine weitere ausdrücklich auszuschließen, so bleibt nicht nur dem
ordentlichen Richter vorbehalten, gegen den Verurtheilten ein weiteres
erfahren von Amtswegen eintreten zu lassen, sondern der Staats-
gerichtshof hat auch diesem Richter von dem Ausgange der verhandelten
nklage Nachricht zu geben.
& 149. Gegen den Ausspruch des Staatsgerichtshofs findet keine n
Appellation, wohl aber die Berufung auf ein anderweites Erkenntniß
tatt. In diesem Falle sind zwei andere Mitglieder als Referent und
Correferent dergestalt zu wählen, daß, wenn bei dem ersten Erkenntnisse
der Referent ein vom Könige bestelltes Mitglied war, der nunmehrige
eferent ein von den Ständen gewähltes seyn muß, und umgekehrt.
Strafbefugniß
des Staats-
gerichtshofs.
Rechtsmittel
dessen Er-
kenntniß.