Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Deutsches Reich. 25 
Bundesrathes oder des Reichstages, einer Behörde oder eines öffent- 
lichen Beamten des Reichs, während dieselben in der Ausübung ihres 
Berufes begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, 
Schrift, Druck, Zeichen, bildliche oder andere Darstellung, werden in 
den einzelnen Bundesstaaten beurtheilt und bestraft nach Maßgabe der 
in den letzteren bestehenden oder künftig in Wirksamkeit tretenden Ge- 
setze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat, seine Ver- 
fassung, seine Kammern oder Stände, seine Kammer-oder Ständemitglieder, 
seine Behörden und Beamten begangene Handlung zu richten wäre. 
rt. 751). Für diejenigen in Artikel 74 bezeichneten Unter- 
nehmungen gegen das Deutsche Reich, welche, wenn gegen einen der 
einzelnen Bundesstaaten gerichtet, als Hochverrath oder Landesverrath 
zu gualifiziren wären, ist das gemeinschaftliche Ober-Appellationsgericht 
der drei freien und Hansestädte in Lübeck die zuständige Spruchbehörde 
in erster und letzter Instanz. * 
Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Ver- 
fahren des Ober-Appellationsgerichts erfolgen im Wege der Reichsgesetz- 
gebung. Bis zum Erlasse eines Reichsgesehzes bewendet es bei der seit- 
berigen Zuständigkeit der Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten und den 
auf das Verfahren dieser Gerichte sich beziehenden Bestimmungen. 
Art. 76. Streitigkeiten zrwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern 
dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kompetenten 
Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen 
eils von dem Bundesrathe erledigt. 
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Ver- 
fassung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten be- 
stimmt ist, hat auf Anrufen eines Theiles der Bundesrath gütlich aus- 
zugleichen, oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung 
zur Erledigung zu bringen. 
Art. 77. Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justizver- 
weigerung eintritt, und auf gesetzichen Wegen ausreichende Hülfe nicht 
erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrathe ob, erwiesene, nach der 
Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundes- 
staates zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte 
Nechtspflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der 
Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken. 
Art XIV. Allgemeine Bestimmungen. 
rt. 
78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der 
Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 
14 Stimmen gegen sich haben. 
Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche bestimmte 
Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Gesammtheit 
festgestellt sind, können . desberetiteBundeg- 
staates abgeändert werden- mit Zustimmung chtigten 
1) Art. 75 hinfällig sei - - 
27. Januar 1877. fällig seit Erlaß des § 136 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom
	        
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