Sachsen-Coburg und Gotha. 397
§l# 38. Unterrichts= und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten
und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Staatsangehörigen
frei, wenn er eine sittliche, wissenschaftliche und technische Befähigung
der treffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat.
Der häusliche Unterricht unterliegt keiner solchen Beschränkung.
§* 39. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
überall genügend gesorgt werden.
Der Staat trägt dafür Sorge, daß auch den Unbemittelten der
nöthige Unterricht in den öffentlichen Volksschulen zu Theil werde.
Aeltern und Vormünder dürfen ihre Kinder und Pflegebefohlenen
nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen
vorgeschrieben ist.
* 40. Die Lehrer der Volksschulen, welche ihre sittliche, wissenschaft-
liche und technische Befähigung zuvor der betreffenden Staatsbehörde
nachzuweisen haben, werden vom Staate unter Betheiligung der Ge-
meinden angestellt. Dieses Verhältniß wird durch ein Gesetz geordnet
werden.
é#41. Die Rechtsverhältnisse derjenigen öffentlichen Lehrer als
Staatsdiener, auf welche das Staatsdienstgesetz keine Anwendung findet,
sowie deren rechtliche Beziehungen zu den Gemeinden werden durch
Gesetz geordnet.
5 42. Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung
der öffentlichen Volksschulen werden von den Gemeinden und im Falle
des nachgewiesenen Unvermögens ergänzungsweise vom Staate auf-
gebracht.
An den durch besondere Rechtsverhältnisse begründeten Ver-
pflichtungen Dritter wird durch die vorstehende Bestimmung nichts
geändert.
* 43. Das Recht der freien Meinungsäußerung durch Wort, Schrift,
Druck und bildliche Darstellung findet in seinem vollen Umfange Statt,
unbeschadet von Repressivgesetzen gegen den Mißbrauch dieses Rechts.
Die Presse darf nicht unter Censur gestellt werden.
Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Dar-
stellung begangen werden, sind bis zur Ausführung des § 139 nach den
bestehenden Strafprozeßgesetzen zu behandeln. ⅞
& 44. Alle Staatsangehörige sind berechtigt, sich ohne vorgängige
obrigkeitliche Erlaubniß friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
Von Versammlungen unter freiem Himmel ist 24 Stunden vorher
von dem Unternehmer oder Leiter der Versammlung der Bezirks-Polizei-
behörde Anzeige zu machen, welche die Versammlung zu verbieten hat,
wenn ausreichender Grund zu der Annahme vorhanden ist, daß sie der
öffentlichen Sicherheit oder Ordnung werde gefährlich werden.
z 45. Die Art und Weise, wie durch bewaffnete Mannschaft zur
Aufrechterhaltung des gesetzlichen Zustandes eingeschritten werden darf,
welche Behörden und unter welchen Formen dieselben den Befehl dazu
zu ertheilen haben, ist durch gesetzliche Bestimmungen zu regeln.