Sachsen-Meiningen. 433
3. so weit gehen, einen Deputirten durch eine Mehrheit von drei
Viertheilen der Anwesenden gänzlich auszuschließen, worauf
der Stellvertreter einberufen wird.
Art. 100. Vom Landtage soll sich kein Deputirter entfernen, ohne
die Gründe anzuzeigen, worüber der Landtag entscheidet.
Der Lauf der Justiz kann gegen die Deputirten nicht gehemmt
werden; nur sollen sie während ihrer Anwesenheit am Landtage nicht
zum persönlichen Erscheinen in bürgerlichen Rechtssachen und in Polizei-
sachen vorgeladen und in diesen nicht mit Verhaft belegt werden, ausser
wegen fälliger Wechsel.
Wenn Wechselarrest oder eine Criminaluntersuchung gegen einen
Deputirten erkannt wird, muß der Stellvertreter desselben einberufen
werden.
Art. 101. Der Landtag wird durch landesherrliche Erklärung ge-
schlossen, und geht sofort, ohne eine weitere Verhandlung vornehmen zu
können, auseinander.
Titel VII.
Allgemeine Bestimmungen.
Art. 102. Der Landesherr selbst ist über alle persönliche Ver-
antwortung erhaben. Alle Regierungshandlungen mühssen jedoch unter
persönlicher Verantwortlichkeit eines Staatsbeamten geschehen.
Art. 103. Zu dem Ende muß eine jede im Namen des Landesherrn
ergehende Verfügung von einem Mitgliede des Geheimenrathscollegiums
oder des Landesministeriums contrasignirt sein, welches für die Gesetz-
mäßigkeit derselben persönlich verhaftet ist.
Art. 104. Die Verantwortlichkeit für jede gesetzwidrige Verfügung
haftet zunächst auf demjenigen, von welchem sie ausgegangen ist; Befehle
einer höhern Behörde decken solche nur, wenn sie in gehöriger Form von
en competenten Obern ausgegangen sind.
Art. 105. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staat und dem Landes-
herrn aus und soll nur durch die vom Staate unmittelbar oder mittelbar
bestelten Gerichte ausgeübt und der Lauf der Justiz nicht gehemmt
erden.
Art. 106. Das Recht der Begnadigung in Strafsachen steht nur
dem Landesherrn zu, jedoch mit der Einschrchrtung, daß
1. die ertheilte Begnadigung niemand hindert, seine aus einer
Rechtsverletzung herfließende Privatansprüche gerichtlich zu ver-
folgen; .
2. ein auf Anklage der Stände zur Entsetzung verurtheilter Be-
amter zwar hinsichtlich der Strafe begnadigt werden, jedoch
nicht im Dienste bleiben, noch darin wieder aufgenommen
werden, auch aus keiner Staatskasse Pensionen beziehen
ann.
d Art. 107. Tritt der Fall eines Regierungswechsels ein, so soll
er neue Landesherr bei dem Antritt der Regierung sich schriftlich bei
Stoert-v. Rauch haupt, Handb. d. deutschen Verfassungen. 28