Sachsen-Weimar-Eisenach. 439
4) Der Landtags-Vorstand ist verbunden:
a) auf die einstweilige Besetzung solcher Landtagsstellen Rücksicht
zu nehmen, welche bis zum nächsten Landtage nicht unbesetzt bleiben
können (§ 23);
b) beständig den Faden aller Landtags-Geschäfte zu behalten und
darüber zu wachen, daß Nichts gegen die Verfassung geschehe, wohl aber
alle von dem Landtage und von dem Landesfürsten gefaßten Beschlüsse
wirklich zur Ausführung kommen;
) dafern ihm ein das allgemeine Beste betreffender Gegenstand,
dessen Ausführung auf einem bereits vorhandenen Gesetze beruht, so
dringlich scheint, daß solcher bis zum nächsten Landtage nicht wohl aus-
gesetzt bleiben möchte, davon sofort bei dem Landesfürsten Anzeige zu
machen, überhaupt dem Landesfürsten auch außer der Zeit der Landtags-
Versammlung in Bezug auf die Staatsverwaltung Bemerkungen und
Vorstellungen zu machen;
d) wenn sich die Anordnung eines außerordentlichen Landtages
nothwendig machen sollte, mit vollständiger Aufführung aller Gründe
darauf anzutragen;
e) so oft er von dem Vorsitzenden oder von dem Landesfürsten
berufen wird, an dem zu seiner Zusammenkunft bestimmten Orte im
Großherzogthume sich zu versammeln.
5* 15. In dem Landtags-Vorstande führt, ebenso wie in dem Land-
tage selbst, der Präsident den Vorsitz. Nur in Verhinderungsfällen tritt
der erste und, wenn auch dieser verhindert seyn sollte, der zweite Vice-
Präsident an dessen Stelle. Der Landtags-Vorstand faßt nach Stimmen-
mehrheit Beschlüsse. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des
Vorsitzenden.
5 16. Sollte in der Zeit von einem Landtage zum andern ein Mit-
glied des Vorstandes ausscheiden, so haben die Bleibenden bis zur Er-
öffnung des nächsten Landtages das Amt zu führen. Sollten zwei Mit-
glieder des Vorstandes in der Zwischenzeit der Landtage ausscheiden, so
vereinigt sich die ganze Amtsthätigkeit in dem noch allein Gebliebenen.
Im letztern Falle aber ist die Zusammenberufung eines Landtages zum
Zwecke einer Neuwahl sofort anzuordnen.
#5 17. Jeder Abgeordnete, von welchem Bezirke er auch sey, ist
Vertreter aller Staatsbürger und hat außer den Gesetzen, keine andere
ichtschnur anzuerkennen, als seine Ueberzeugung und sein Gewissen.
Hieraus folgt:
I) kein Abgeordneter hat besondere Verpflichtungen gegen die-
lenigen, welche ihn gewählt haben;
, 2) alle Vorschriften (Instruktionen), wodurch die Stimmfreiheit
eines Abgeordneten auf irgend eine Weise beschränkt werden soll, sind
gesetzwidrig und ungültig;
J3) übernimmt ein Abgeordneter Aufträge zu Vorstellungen und
Bitten bei dem Landtage, als wozu er allerdings berechtigt ist: so ver-
Feeht sich dieses unbeschadet der Freiheit seiner Meinung und Stimme.