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§ 50. Eine zu erhebende Beschwerde wird, wenn sie vom Landtage
beschlossen, durch den Vorstand dem Landesfürsten unmittelbar über-
reicht, worauf der dadurch Betroffene mit einer Verantwortung, worin
die angefochtene Verordnung oder sonstige Maßregel zu rechtfertigen ist,
zu hören ist. Erscheint diese Verantwortung nicht ausreichend, sondern
die von dem Landtage angebrachte Rüge ganz oder zum Theil begründet:
so erfolgt landesfürstlicher Seits die Anweisung zur Verbesserung des
Fehlers, zur Abstellung des Mangels, zur Aufhebung des Mißbrauches,
vorbehältlich des dem Landesfürsten zustehenden Rechtes, auch auf die
bloße Beschwerdeführung, wenn sich bei dem weitern Eingehen in die
Sache größere Ungebührnisse hervorthun, die förmliche Untersuchung und
Bestrafung bei dem Staats-Gerichtshofe (§ 51) beantragen zu lassen.
Der Landtag soll von dem Erfolge seiner Beschwerdeführung jedes-
mahl in Kenntniß gesetzt werden.
8 511). Zur Verhandlung der gegen die Departements-Chefs auf
Anordnung des Landeefürsten zu beontragenden Untersuchungen, sowie
der vom Landtage gegen dieselben zu erhebenden Klagen, wird ein
besonderer Staats-Gerichtshof errichtet, welcher besteht aus dem Präsi-
denten des Oberlandesgerichtes und zwölf Räthen; er hat seinen Sitz
in Jena.
552 ). Diese zwölf Räthe werden zur Hälfte durch den Landes-
fürsten, zur andern Hälfte aber durch den Landtag gewählt, dergestalt
jedoch, daß sich sowohl unter den von dem Landesfürsten, als auch unter
den von dem Landtage Gewählten je zwei Räthe des Oberlandesgerichtes
befinden müssen. Landtags-Abgeordnete sind unfähig, Mitglieder des
Staats-Gerichtshofes zu seyn. Den dazu gewählten Richtern soll der
Urlaub nicht versagt werden.
Bei jedem ordentlichen Landtage kann die Wahl der Mitglieder
des Staats-Gerichtshofes sowohl von Seiten des Landesfürsten als des
Landtages ganz oder theilweise erneuert werden.
553 b. In dem Staats-Gerichtshofe führt der Präsident des Ober=
landesgerichtes und in Behinderungsfällen das jeweilige älteste Mitglied
aus der Zahl der aus diesem Kollegium gewählten Räthe den Vorsitz.
54. Die dem Staats-Gerichtshofe beizugebenden Schriftführer
und sonstigen Hülfsarbeiter werden durch den Präsidenten erwählt.
655. Sollten einige Mitglieder des Staats-Gerichtshofes in Folge
eingewendeter Rekusation oder aus anderen Gründen, über deren Zu-
länglichkeit der Staats-Gerichtshof zu erkennen hat, ausscheiden, so hat
sich der Staats-Gerichtshof durch eigene Wahl aus den Räthen der
inländischen Justiz-Kollegien zu ergänzen.
556. Der Staats-Gerichtshof ist zuständig, sowohl zur prozessuali-
schen Verhandlung der erhobenen Anklagen als auch zur Entscheidung
über dieselben.
1) Die §§ 51, 52, 53 haben ihre vorstehende Fassung — im wesentlichen nur Ersatz
des Wortes „Ober-Appellationsgericht“ durch „Oberlandesgericht" — in Gemähheit des
Rachtrags vom 27. März 1878 zum revidierten Grundgeseh vom 15. Oktober 1850 er-
alten.