Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

444 Sachsen-Weimar-Eisenach. 
§ 50. Eine zu erhebende Beschwerde wird, wenn sie vom Landtage 
beschlossen, durch den Vorstand dem Landesfürsten unmittelbar über- 
reicht, worauf der dadurch Betroffene mit einer Verantwortung, worin 
die angefochtene Verordnung oder sonstige Maßregel zu rechtfertigen ist, 
zu hören ist. Erscheint diese Verantwortung nicht ausreichend, sondern 
die von dem Landtage angebrachte Rüge ganz oder zum Theil begründet: 
so erfolgt landesfürstlicher Seits die Anweisung zur Verbesserung des 
Fehlers, zur Abstellung des Mangels, zur Aufhebung des Mißbrauches, 
vorbehältlich des dem Landesfürsten zustehenden Rechtes, auch auf die 
bloße Beschwerdeführung, wenn sich bei dem weitern Eingehen in die 
Sache größere Ungebührnisse hervorthun, die förmliche Untersuchung und 
Bestrafung bei dem Staats-Gerichtshofe (§ 51) beantragen zu lassen. 
Der Landtag soll von dem Erfolge seiner Beschwerdeführung jedes- 
mahl in Kenntniß gesetzt werden. 
8 511). Zur Verhandlung der gegen die Departements-Chefs auf 
Anordnung des Landeefürsten zu beontragenden Untersuchungen, sowie 
der vom Landtage gegen dieselben zu erhebenden Klagen, wird ein 
besonderer Staats-Gerichtshof errichtet, welcher besteht aus dem Präsi- 
denten des Oberlandesgerichtes und zwölf Räthen; er hat seinen Sitz 
in Jena. 
552 ). Diese zwölf Räthe werden zur Hälfte durch den Landes- 
fürsten, zur andern Hälfte aber durch den Landtag gewählt, dergestalt 
jedoch, daß sich sowohl unter den von dem Landesfürsten, als auch unter 
den von dem Landtage Gewählten je zwei Räthe des Oberlandesgerichtes 
befinden müssen. Landtags-Abgeordnete sind unfähig, Mitglieder des 
Staats-Gerichtshofes zu seyn. Den dazu gewählten Richtern soll der 
Urlaub nicht versagt werden. 
Bei jedem ordentlichen Landtage kann die Wahl der Mitglieder 
des Staats-Gerichtshofes sowohl von Seiten des Landesfürsten als des 
Landtages ganz oder theilweise erneuert werden. 
553 b. In dem Staats-Gerichtshofe führt der Präsident des Ober= 
landesgerichtes und in Behinderungsfällen das jeweilige älteste Mitglied 
aus der Zahl der aus diesem Kollegium gewählten Räthe den Vorsitz. 
54. Die dem Staats-Gerichtshofe beizugebenden Schriftführer 
und sonstigen Hülfsarbeiter werden durch den Präsidenten erwählt. 
655. Sollten einige Mitglieder des Staats-Gerichtshofes in Folge 
eingewendeter Rekusation oder aus anderen Gründen, über deren Zu- 
länglichkeit der Staats-Gerichtshof zu erkennen hat, ausscheiden, so hat 
sich der Staats-Gerichtshof durch eigene Wahl aus den Räthen der 
inländischen Justiz-Kollegien zu ergänzen. 
556. Der Staats-Gerichtshof ist zuständig, sowohl zur prozessuali- 
schen Verhandlung der erhobenen Anklagen als auch zur Entscheidung 
über dieselben. 
1) Die §§ 51, 52, 53 haben ihre vorstehende Fassung — im wesentlichen nur Ersatz 
des Wortes „Ober-Appellationsgericht“ durch „Oberlandesgericht" — in Gemähheit des 
Rachtrags vom 27. März 1878 zum revidierten Grundgeseh vom 15. Oktober 1850 er- 
alten.
	        
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