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der verfassungsmäßigen Gesetze unterworfen sind, vorbehaltlich jedoch
ihres dienstgesetzlichen Subordinationsverhältnisses gegen ihre vorgesetzten
ehörden.
Patrimonialgerichte sollen nicht bestehen.
§ 75. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Ausnahmegerichte sind unstatthaft.
§* 76. Es soll kein privilegirter Gerichtsstand der Personen und
Sachen bestehen.
Ausnahmen bezüglich des Fürstlichen Hauses und dessen Gräflicher
Linie, wie in Betreff der Militärgerichtsbarkeit, bleiben der besonderen
Gesetzgebung vorbehalten.
8 77. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem
Amte entfernt oder in Rang und Gehalt beeinträchtigt werden.
In Betreff der Amtssuspensionen und der Versetzung auf eine
andere Stelle oder in Ruhestand bestimmt das Gesetz das Nähere.
5* 78. Das Gerichtsverfahren ist öffentlich und mündlich.
Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt das Gesetz.
§* 79. In Strafsachen gilt der Anklageproceß.
Schwurgerichte urtheilen in schweren Strafsachen. Das Nähere
bestimmt das Gesetz.
8 80. Rechtspflege und Verwaltung bleiben getrennt und von
einander unabhängig
Die Competenzg der Gerichte und Verwaltungsbehörden wird durch
die Gesetze bestimmt.
Ueber Competenzconflicte entscheidet eine nach näherer Bestimmung
des Gesetzes zu berufende Behörde
5* 81. Verwaltungsrechtspflege findet nicht statt.
Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.
82. Moratorien in einzelnen Fällen dürfen nur mit Zustimmung
des Landtags ertheilt werden.
Titel VIII.
Von der Finanzverwaltung.
§ 83 1). Bei der Besteuerung soll eine Bevorzugung einzelner Stände
und Güter in Staat und Gemeinde nicht stattfinden.
Der Besteuerung unterliegt nicht das Domanial= und Fideicommiß-
vermögen des Fürstlichen Hauses und dessen Gräflicher Linie, soweit
dasselbe bis zum Jahre 1849 die Steuerfreiheit genoß.
Auch bleiben die Mitglieder des Fürstlichen Hauses, mit Einschluß
der Gräflichen Linie, von allen directen persönlichen Steuern frei.
Rücksichtlich der Besteuerung der Kirchen-, Pfarr-, Schul= und Küster-
güter bleibt der Gesetzgebung das Weitere vorbehalten.
1) Vgl. hier bie Muthentische Interpretation des 2. Alinea im & 83 der Verfassungs-
urkunde vom 11. 1854: „Der Besteuerung unterliegt nicht das Domanial= und Fidei-
zummßroonel, des Fürstlichen Hauses und dessen Gräflicher Linie, soweit dasselbe bis
zum Jahre 1849 die Steuerfreiheit genoß.“