Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

504 Württemberg. 
13 ). Sollte sich bei einem zunächst nach dem regierenden Könige 
zur Erbfolge bestimmten Familien-Gliede eine solche Geistes= oder körper- 
liche Beschaffenheit zeigen, welche demselben die eigene Verwaltung des 
Reichs unmöglich machen würde; so ist noch unter der Regierung des 
Königes durch ein förmliches Staats-Gesetz über den künftigen Eintritt 
der gesetzmäßigen Reichs-Verwesung zu entscheiden. 
Würde der König während seiner Regierung oder bei dem Anfall 
der Thronfolge durch ein solches Hinderniß von der eigenen Verwaltung 
des Reiches abgehalten seyn, ohne daß schon früher die oben bestimmte 
Vorsehung getroffen wäre; so soll längstens binnen Jahresfrist in einer 
von dem Staatsministerium zu veranlassenden Versammlung sämtlicher 
im Königreich anwesenden volljährigen, nicht mehr unter väterlicher 
Gewalt stehenden Prinzen des Königlichen Hauses, mit Ausschluß des 
zunächst zur Regentschaft berufenen Agnaten, auf vorgängiges Gut- 
achten des Staatsministeriums, durch einen nach absoluter Stimmen- 
Mehrheit zu fassenden Beschluß, mit Zustimmung der Stände über den 
Eintritt der gesetzmäßigen Regentschaft entschieden werden. 
14. Der Reichsverweser hat eben so, wie der König, den Ständen 
die Beobachtung der Landes-Verfassung feierlich zuzusichern. 
5 15 1). Der Reichs-Verweser übt die Staats-Gewalt in dem Um- 
fange, wie sie dem Könige zusteht, im Namen des Königes verfassungs- 
mäßig aus; daher steht auch das Staatsministerium zum Reichs-Verweser 
in demselben Verhältnisse, wie zu dem regierenden Könige. 
Es kann aber der Reichs-Verweser keine Standes-Erhöhungen vor- 
nehmen, keine neuen Ritter-Orden und Hofämter errichten. Jede während 
einer Reichs-Verwesung verabschiedete Abänderung eines Verfassungs- 
Punktes gilt nur auf die Dauer der Regentschaft. Auch können die dem 
Reiche heimgefallenen Lehen während der Regentschaft nicht wieder 
verliehen werden. 
§5 16 1). In Ermangelung einer von dem Könige getroffenen, und 
dem Staatsministerium bekannt gemachten Anordnung gebührt die Er- 
ziehung des minderjährigen Königes der Mutter, und, wenn diese nicht 
mehr lebt, der Großmutter von väterlicher Seite; jedoch kann die Er- 
nennung der Erzieher und Lehrer und die Festsetzung des Erziehungs- 
Planes nur unter Rücksprache mit dem Vormundschafts-Rathe geschehen, 
welcher sich aus den Mitgliedern des Staatsministeriums unter dem Vor- 
sitze des Reichsverwesers bildet, so, daß Letzterer bei den deshalb zu 
fassenden Beschlüssen eine mitzuzählende, und im Falle einer Stimmen= 
EGleichheit eine entscheidende Stimme hat. Bei einer Verschiedenheit der 
Ansichten hat der Vormundschafts-Rath die Entscheidung; auch liegt 
diesem nach dem Ableben der Mutter und der Großmutter, die Sorge 
für die Erziehung des minderjährigen Königes allein ob. 
s 17. Die Reichs-Verwesung hört auf, sobald der König das Alter 
der Volljährigkeit erreicht hat, oder sonst das bisherige Hinderniß seiner 
Selbst-Regierung gehoben ist. 
) In den §§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 1 und 16 wurde durch Gesetz vom 15. Juli 1911 der 
Geheime Rat durch das Staatsministerium ersetzt und im § 15 Abs. 2 eine darauf bezüg- 
liche Textkürzung vorgenommen.
	        
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