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13 ). Sollte sich bei einem zunächst nach dem regierenden Könige
zur Erbfolge bestimmten Familien-Gliede eine solche Geistes= oder körper-
liche Beschaffenheit zeigen, welche demselben die eigene Verwaltung des
Reichs unmöglich machen würde; so ist noch unter der Regierung des
Königes durch ein förmliches Staats-Gesetz über den künftigen Eintritt
der gesetzmäßigen Reichs-Verwesung zu entscheiden.
Würde der König während seiner Regierung oder bei dem Anfall
der Thronfolge durch ein solches Hinderniß von der eigenen Verwaltung
des Reiches abgehalten seyn, ohne daß schon früher die oben bestimmte
Vorsehung getroffen wäre; so soll längstens binnen Jahresfrist in einer
von dem Staatsministerium zu veranlassenden Versammlung sämtlicher
im Königreich anwesenden volljährigen, nicht mehr unter väterlicher
Gewalt stehenden Prinzen des Königlichen Hauses, mit Ausschluß des
zunächst zur Regentschaft berufenen Agnaten, auf vorgängiges Gut-
achten des Staatsministeriums, durch einen nach absoluter Stimmen-
Mehrheit zu fassenden Beschluß, mit Zustimmung der Stände über den
Eintritt der gesetzmäßigen Regentschaft entschieden werden.
14. Der Reichsverweser hat eben so, wie der König, den Ständen
die Beobachtung der Landes-Verfassung feierlich zuzusichern.
5 15 1). Der Reichs-Verweser übt die Staats-Gewalt in dem Um-
fange, wie sie dem Könige zusteht, im Namen des Königes verfassungs-
mäßig aus; daher steht auch das Staatsministerium zum Reichs-Verweser
in demselben Verhältnisse, wie zu dem regierenden Könige.
Es kann aber der Reichs-Verweser keine Standes-Erhöhungen vor-
nehmen, keine neuen Ritter-Orden und Hofämter errichten. Jede während
einer Reichs-Verwesung verabschiedete Abänderung eines Verfassungs-
Punktes gilt nur auf die Dauer der Regentschaft. Auch können die dem
Reiche heimgefallenen Lehen während der Regentschaft nicht wieder
verliehen werden.
§5 16 1). In Ermangelung einer von dem Könige getroffenen, und
dem Staatsministerium bekannt gemachten Anordnung gebührt die Er-
ziehung des minderjährigen Königes der Mutter, und, wenn diese nicht
mehr lebt, der Großmutter von väterlicher Seite; jedoch kann die Er-
nennung der Erzieher und Lehrer und die Festsetzung des Erziehungs-
Planes nur unter Rücksprache mit dem Vormundschafts-Rathe geschehen,
welcher sich aus den Mitgliedern des Staatsministeriums unter dem Vor-
sitze des Reichsverwesers bildet, so, daß Letzterer bei den deshalb zu
fassenden Beschlüssen eine mitzuzählende, und im Falle einer Stimmen=
EGleichheit eine entscheidende Stimme hat. Bei einer Verschiedenheit der
Ansichten hat der Vormundschafts-Rath die Entscheidung; auch liegt
diesem nach dem Ableben der Mutter und der Großmutter, die Sorge
für die Erziehung des minderjährigen Königes allein ob.
s 17. Die Reichs-Verwesung hört auf, sobald der König das Alter
der Volljährigkeit erreicht hat, oder sonst das bisherige Hinderniß seiner
Selbst-Regierung gehoben ist.
) In den §§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 1 und 16 wurde durch Gesetz vom 15. Juli 1911 der
Geheime Rat durch das Staatsministerium ersetzt und im § 15 Abs. 2 eine darauf bezüg-
liche Textkürzung vorgenommen.