Württemberg. 513
VIII. Kapitel.
Von dem Finanzwesen.
*#102. Sämtliche zu dem vormaligen Herzoglich-Württembergischen
Familien-Fidei-Commisse gehörigen, so wie die von dem Könige neu er-
worbenen Grundstücke, Gefälle und nutzbaren Rechte, bilden, mit Aus-
schluß des sogenannten Hof-Domainen-Kammer-Guts, das Königl.
Kammergut.
§5 103. Auf demselben haftet die Verbindlichkeit, neben den persön-
lichen Bedürfnissen des Königes als Staats-Oberhauptes und der Mit-
glieder des Königlichen Hauses, auch den mit der Staats-Verwaltung
verbundenen Aufwand, so weit es möglich ist, zu bestreiten; es kommt
ihm daher die Eigenschaft eines von dem Königreich unzertrennlichen
Staatsgutes zu.
104. Für den Aufwand, welchen die Bedürfnisse des Königes
und der Hofstaat erfordern, wird auf die Regierungszeit eines jeden
Königes, eine theils in Geld, theils in Naturalien bestehende Civil-Liste
verabschiedet, deren Betrag in bestimmten Raten an die von dem Könige
zu benennende Verrwaltungsstelle abgegeben wird.
5 105. Die Appanagen, Wittume, Heirathgüter und andere der-
gleichen Leistungen, welche die Mitglieder des Königlichen Hauses in
Anspruch zu nehmen haben, werden an diese von der Staatskasse un-
mittelbar entrichtet.
5 106. Die Kosten der Hofhaltung des Reichsverwesers werden aus
den Mitteln der Civil-Liste bestritten; die Appanage desselben wird bis
zum Betrag der einem Kronprinzen gebührenden erhöht.
* 1071). Das Kammergut ist in seinem wesentlichen Bestande zu
erhalten, und kann daher ohne Einwilligung der Stände weder durch
Veräußerung vermindert noch mit Schulden oder sonst mit einer bleibenden
Last beschwert werden.
Als eine Verminderung des Kammerguts ist es jedoch nicht an-
zusehen, wenn zu einer entschieden vortheilhaften Erwerbung ein Geld-
Anlehen ausgenommen, oder zum Vortheil des Ganzen eine Veräußerung
oder Austauschung einzelner minder bedeutender Bestandtheile desselben
vorgenommen wird. Es muß aber den Ständen in jedem Jahre eine
genaue Berechnung über den Erlös aus solchen Veräußerungen und
über dessen Wieder-Verwendung zum Grundstocke vorgelegt werden.
Auch ist unter Veräußerung der Fall nicht begriffen, wenn vom
Könige ein heimfallendes Lehn zur Belohnung ausgezeichneter Ver-
dienste um den Staat wieder verliehen wird.
z 108. Das oben (8 102) erwähnte Hof-Domänen-Kammergut ist
ein Privat-Eigenthum der Königlichen Familie, dessen Verwaltung und
enutzung dem Könige zusteht; der Grundstock darf nicht vermindert
werden; es gelten jedoch, was die Aufnahme von Geld-Anlehen zu einer
vortheilhaften Erwerbung und die Veräußerung oder Austauschung
einzelner minder bedeutenden Bestandtheile zum Vortheil des Ganzen
1) & 107 Abs. 3 gegenstandslos geworden durch Gesetz vom 8. Oktober 1874 die Auf-
bebung des Lehenverbandes betr.
Stoerk= v. Rauchhaunt, Handb. d. deutschen Verfassungen. 33