Elsaß-Lothringen. 539
4. Verfassung Elsaß-Lothringens.
Vom 31. Mai 1911.
Wir MWilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Preußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundes-
rats und des Reichstags, was folgt:
1. Die Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen übt der Kaiser aus.
5 2. An der Spitze der Landesregierung steht ein Statthalter, der
vom Kaiser unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers ernannt und ab-
berufen wird. «
Der Statthalter hat insbesondere die Befugnisse und Obliegenheiten,
die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, betreffend die Verfassung und
die Verwaltung Elsaß-Lothringens, vom 4. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl.
S. 165) durch Gesetze und Verordnungen dem Reichskanzler in elsaß-
lothringischen Landesangelegenheiten überwiesen waren. Er ist be-
rechtigt, zu polizeilichen Zwecken die in Elsaß-Lothringen stehenden
Truppen in Anspruch zu nehmen.
Der Statthalter ernennt und instruiert die Bevollmächtigten zum
Bundesrate.
Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers bedürfen zu ihrer
Gültigkeit der Gegenzeichnung des Statthalters, der dadurch die Ver-
antwortlichkeit übernimmt.
Der Statthalter residiert in Strahßburg.
§* 3. Der Kaiser kann dem Statthalter landesherrliche Befugnisse
übertragen. Der Umfang dieser Ubertragung wird durch Keiserliche
Verordnung bestimmt, die vom Reichskanzler gegenzuzeichnen ist.
Die Anordnungen und Verfügungen, die der Statthalter kraft der
ihm zustehenden landesherrlichen Befugnisse erläßt, bedürfen zu ihrer
Gültigkeit der Gegenzeichnung des Staatssekretärs, der dadurch die
Verantwortlichkeit übernimmt.
#s 4. Der Statthalter wird, soweit es sich nicht um die Ausübung
landesherrlicher Befugnisse handelt, durch den Staatssekretär vertreten.
Alss Vertreter des Statthalters hat der Staatssekretär die Rechte und
die Verantwortlichkeit in dem Umfang, wie ein dem Reichskanzler nach
Maßgabe des Gesetzes vom 17. März 1878 (Reichs-Gesetzbl. S. 7) sub-
stituierter Stellvertreter sie hat. · »· ·
Dem Statthalter ist vorbehalten, jede in diesen Bereich fallende
Amtshandlung selbst vorzunehmen. #
*5. Landesgesetze für Elsaß-Lothringen werden vom Kaiser mit
Zustimmung des aus zwei Kammern bestehenden Landtags erlassen.
Die Ubereinstimmung des Kaisers und beider Kammern ist zu jedem
Gesetz erforderlich. « »
Der Kaiser fertigt die Gesetze aus und ordnet ihre Verkündung
an. Sofern nicht in dem verkündeten Gesetz ein anderer Anfangs-
termin seiner verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt diese mit dem
vierzehnten Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das