Full text: Handbuch der Deutschen Wahlgesetze und Geschäftsordnungen.

118 Bayern. 
Art. 28. Wenn ein Mitglied der Kammer der Reichsräthe nach 
geschehener zweimaliger richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte 
unter Androhung des unten festgesetzten Rechtsnachtheils an dasselbe 
ergangene und nachgewiesene Vorladung weder erscheint, noch sein Aus- 
bleiben durch genügend dargelegte Gründe rechtfertigt, so wird das be- 
treffende Mitglied für die Dauer des Landtags als ausgetreten betrachtet. 
Art. 29. An der Abstimmung Theil zu nehmen, ist jedes anwesende 
Mitglied verpflichtet. Dagegen hat sich der Abstimmung zu enthalten: 
1) jedes einzelne Kammermitglied, wenn auf dessen Antrag oder 
in Folge einer durch Geschäftsordnung gestatteten Reclamation über 
die dauernde oder vorübergehende Verpflichtung oder Berechtigung 
desselben zum Sitze in der Kammer entschieden werden soll; 
2) jedes einzelne Kammermitglied, gegen welches eine nach der 
Geschäftsordnung zulässige Anklage oder Beschwerde erhoben wird, 
oder welches ein solche gegen ein anderes Mitglied der Kammer erhebt; 
3) jedes einzelne Kammermitglied, welches in irgend einer von der 
Geschäftsordnung vorgesehenen Form die Entscheidung der Kammer 
bezüglich einer rein persönlichen Angelegenheit in Anspruch nimmt. 
Reclamationen, Anklagen und Beschwerden, welche gegen mehrere 
Kammermitglieder zugleich gerichtet sind, werden in der Abstimmung 
getrennt behandelt, den Fall der formellen Beanstandung der Wahl 
eines ganzen Wahlbezirkes abgerechnet. 
Art. 30. Jedem Mitgliede der Kammer steht frei, Erinnerung 
gegen die Fassung und Stellung der Fragen zu machen. 
Dasselbe Recht steht auch den Staatsministern und k. Commissären 
zu, wenn die Fragen eine Vorlage der Regierung oder einen Gegenstand 
betreffen, der an dieselbe gebracht werden soll. 
Art. 31. Die Abstimmung geschieht bei allen Gegenständen, 
welche öffentlich berathen werden, öffentlich, und zwar in der Regel 
durch Aufstehen und Sitzenbleiben. 
Die Kammer kann jedoch die Abstimmung durch Namensaufruf 
beschließen. 
Ueber das Ganze von Gesetzen muß jedenfalls öffentlich mittels 
Namensaufrufes abgestimmt werden. 
Art. 32. Giltige Beschlüsse können nur mit Stimmenmehrheit 
der Anwesenden gefaßt werden, mit Vorbehalt derjenigen Fälle, in 
welchen besondere Gesetze mehr als einfache Stimmenmehrheit erfordern. 
Bei Stimmengleichheit wird der in Berathung gezogene Vorschlag 
als verworfen erachtet. 
D. Beziehungen der Kammern zu der Staatsregierung und untereinander. 
Art. 33. Die Kammern sowohl als die Ausschüsse haben inner- 
halb des Umfanges ihres Wirkungskreises das Recht, diejenigen Er- 
läuterungen und Aufschlüsse, welche sie erforderlich erachten, von den 
einschlägigen Staatsministerien zu verlangen und haben letztere solchem 
Ansinnen zu entsprechen. n 
Unmittelbares Benehmen mit anderen Stellen und Behörden ist 
nicht gestattet.
	        
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