Wahlgesetz. 273
Art. 44. Uber die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Stimmzettel
entscheidet, mit Vorbehalt der Prüfung durch die Zweite Kammer, allein
die Orts-Wahlkommission nach Stimmenmehrheit der anwesenden Mit-
glieder. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des
Wahlvorstehers.
Die Stimmzettel, über deren Gültigkeit oder Ungültigkeit es einer
Beschlußfassung der Orts-Wahlkommission bedurft hat, werden mit fort-
laufenden Nummern versehen und dem Protokolle beigefügt. Soweit
die Ungültigkeitserklärung des Stimmzettels aus der Beschaffenheit des
Umschlages abgeleitet wurde, ist auch der Umschlag anzuschließen.
Die übrigen Stimmzettel und Umschläge hat der Wahlvorsteher in
einem versiegelten Paket der Bürgermeisterei des Wahlorts zu behändigen,
die sie so lange aufzubewahren hat, bis die Zweite Kammer über die
Gültigkeit der Wahl endgültig entschieden hat.
Art. 45. Während der Wahlhandlung dürfen im Wahllokale, ab-
gesehen von den Beratungen und Beschlüssen der Orts-Wahlkommission,
die durch die Leitung des Wahlgeschäfts bedingt sind, weder Verhand-
lungen gepflogen, noch Ansprachen gehalten, noch Beschlüsse gefaßt, noch
Stimmzettel aufgelegt oder verteilt werden.
Art. 46. Das Staatsministerium hat für jeden Wahlkreis einen
Wahlkommissär zu ernennen und die Namen der Ernannten öffentlich
bekanntzumachen.
Art. 47. Die Wahlprotokolle mit sämtlichen zugehörigen Schrift-
stücken sind von den Wahlvorstehern ungesäumt, jedenfalls aber so zeitig
versiegelt dem Wahlkommissär einzureichen, daß sie spätestens im Laufe
des zweiten Tages nach dem Wahltage in dessen Hände gelangen.
Art. 48. Zur Ermittelung des Wahlergebnisses beruft der Wahl-
kommissär auf den vierten Tag nach dem Wahltage in ein von ihm zu
bestimmendes Lokal aus der Zahl der Wähler des Wahlkreises einen
Protokollführer und drei bis sechs Beisitzer und verpflichtet sie mittelst
Handschlages an Eides Statt (Kreis-Wahlkommission).
Zur Ablehnung des Amtes eines Beisitzers in der Kreis-Wahlkom=
mission berechtigen:
1. anhaltende Krankheit,
2. ein Alter von über 60 Jahren,
3. sonstige als hinreichende Entschuldigung anzusehende besondere
ründe.
Wer sich ohne einen dieser Entschuldigungsgründe weigert, das
Amt eines Beisitzers anzunehmen, oder wer sich der Ausübung dieses
übertragenen Amtes ohne hinreichende Entschuldigung tatsächlich ent-
Rieht, wird mit einer Geldstrafe von drei bis zwanzig Mark bestraft. Die
Strafe wird auf Anzeige des Wahlkommissärs von dem Provinzialaus=
chusse ausgesprochen, der endgültig entscheidet. Der Betrag einer rechts-
kräftig ausgesprochenen Geldstrafe, deren Einziehung und Beitreibung
im Verwaltungsweg erfolgt, fließt in die Staatskasse. .
"Art. 49. Von der Kreis-Wahlkommission werd en die Protokolle
über die Wahlen in den einzelnen Abstimmungsbezirken durchgesehen
und die Ergebnisse der Wahlen zusammengestellt.
v. Nauchhaupt, Handbuch der deutschen Wahlgeseve. 18