Wahlgesetz. 665
Landtagswahlgesetz. Vom 16. Juli 1906.
Erster Abschnitt.
Wahl der Abgeordneten der Oberamtsbezirke und Städte
im allgemeinen.
Art. 1. Für die Entwerfung und Fortführung der Wählerlisten
ist in jeder Gemeinde eine Kommission zu bilden. Sie besteht aus dem
Ortsvorsteher als Vorstand, dem Gemeindepfleger und drei weiteren
von dem vereinigten Gemeinderat und Bürgerausschuß aus ihrer Mitte
zu wählenden Mitgliedern.
In Gemeinden von mehr als 10 000 Einwohnern können jene ver-
einigten Kollegien aus je drei von und aus ihnen gewählten Mitgliedern
Subkommissionen zur Unterstützung der Kommission bilden.
Art. 2. Die Kommissionen sind bleibend.
Eine Neuwahl der von dem vereinigten Gemeinderat und Bürger-
ausschuß bestellten Mitglieder findet nur insoweit statt, als letztere aus
jenen Kollegien auszuscheiden haben.
Art. 3. Die Kommissionen sind verpflichtet, die Wählerlisten an-
zulegen, und durch Sammlung der nötigen Materialien dafür Sorge
zu tragen, daß sie jederzeit ohne Verzug richtiggestellt werden können.
Art. 4. Die Wahlberechtigten, welche in der Gemeinde ihren
Wohnsitz oder ihren nicht bloß vorübergehenden Aufenthalt haben, werden
von Amts wegen in die Wählerliste ausgenommen.
Art. 5. Wer in mehreren Gemeinden einen Wohnsitz oder nicht
bloß vorübergehenden Aufenthalt hat, ist in die Wählerliste derjenigen
Gemeinde aufzunehmen, in welcher er zur Zeit der Feststellung der
Liste sich aufhält.
Waklberechtigte vom Militärstande, welche sich bei der Fahne be-
linden, wählen an dem Ort ihrer Garnison 1).
Art. 6. Die Wählerliste hat die Namen der Wahlberechtigten je
unter Aufführung ihrer Vornamen und ihres Berufs zu enthalten. Die
Festsetzung der näheren Bestimmungen ist Sache der Instruktion.
Art. 7. Vor der erstmaligen Anlegung der Wählerliste und ebenso
vor jeder Wahl unmittelbar nach dem Erscheinen des Wahlausschreibens
im Regierungsblatt ist ein öffentlicher Aufruf zur Anmeldung der Wahl-
berechtigten zu erlassen. «
Den Wahlberechtigten steht das Recht zu, auch in der Zwischen-
zeit ihre Anmeldungen der Kommission zu übergeben. Die Berück-
sichtigung einer Anmeldung bei der Wahl setzt voraus, daß sie spätestens
in der für etwaige Beschwerden gegen die Wahlliste vorgesehenen Frist
(Art. 8), je nach Umständen mit den erforderlichen Belegen (Art. 4),
der zuständigen Kommission übergeben worden ist.
Art. 8. Binnen 10 Tagen nach dem Erscheinen des Wahl=
ausschreibens im Regierungsblatt müssen die Wahllisten gefertigt, bezw.
* * Zu vgl. jedoch § 49 des Reichs-Militärgeseczes vom 2. Mai 1874, Reichs-Gesetzblatt
S. *